Die Bundesregierung drückt bei selbstfahrenden Autos aufs Tempo und will Deutschland international zum Vorreiter beim autonomen Fahren machen. Das Kabinett in Berlin brachte am Mittwoch ein Gesetz auf den Weg, das in festgelegten Betriebsbereichen Fahrzeuge ohne Fahrer erlauben soll. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) begrüßte, damit sei das Ziel, als erstes Land weltweit autonome Fahrzeuge „aus den Forschungslaboren auf die Straße holen“, einen „entscheidenden Schritt näher gekommen“.
Bislang gilt seit 2017 ein Gesetz zum automatisierten Fahren, demzufolge die Fahrzeuge unter bestimmten Voraussetzungen selbstständig fahren können. Ein Fahrer, der notfalls eingreifen kann, ist dabei aber weiterhin notwendig.
Nun soll mit dem neuen Gesetz der nächste Schritt folgen, um einen Rahmen für das sogenannte Level 4 beim autonomen Fahren zu erreichen. Dabei können die Wagen auch hochkomplexe Verkehrssituationen selbständig meistern, im Bedarfsfall wird aber weiterhin ein Fahrer zur Übernahme aufgefordert. Bleibt eine Reaktion des Fahrers aus, kann das System das Fahrzeug aber selbstständig – anders als bei Stufe 3 – in einen „risikominimalen Zustand“ versetzen, etwa indem es auf dem Seitenstreifen zum Stehen kommt.
Ziel ist nach Angaben des Verkehrsministeriums nun, bis zum Jahr 2022 Fahrzeuge mit autonomen Fahrfunktionen in den Regelbetrieb zu bringen, beispielsweise für Shuttle-Verkehre, sogenannte People-Mover – also automatische Fahrgastsysteme für kurze Strecken etwa an Flughäfen und auf Messegeländen – oder fahrerlose Transportverbindungen zwischen Logistikzentren. Autonomes Fahren biete enormes Potenzial sowohl für die Stadt als auch das Land, erklärte das Ministerium. Es gebe viele Konzepte wie mithilfe von autonomen Fahrzeugen der Straßenverkehr in der Stadt reduziert und Menschen auf dem Land mit besseren Mobilitätsangeboten versorgt werden könnten.
„Jetzt geht der Entwurf an Bundestag und Bundesrat zur weiteren Beratung“, erklärte Scheuer. „Wir brauchen die zügige Umsetzung für die Innovationen im Transformationsprozess“, fügte er hinzu.
Diese Notwendigkeit sieht auch der Verband der Automobilindustrie (VDA). Die Technologie für automatisierte Funktionen im Verkehr werde sich in den nächsten Jahren weiterhin dynamisch entwickeln. „Dass die Bundesregierung jetzt den Weg für den Einstieg in das autonome Fahren frei macht, ist gut für den Standort Deutschland“, erklärte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Die Beratungen im Bundesrat und Bundestag müssten nun zügig vorangehen, forderte sie.
Wie der „Tagesspiegel“-Fachdienst „Verkehr & Smart Mobility“ am Mittwoch unter Berufung auf eine Civey-Umfrage unter 2500 Bundesbürgern berichtete, steht ein großer Teil der Bevölkerung autonomen Fahrzeugen aber durchaus skeptisch gegenüber: Demnach glaubt nicht einmal ein Drittel (29 Prozent) der Befragten, dass per Computer gesteuerte Autos oder Lkw den Verkehr sicherer machen. Die Mehrheit gehe sogar davon aus, dass das Gegenteil der Fall sei (58,5 Prozent). 13,5 Prozent sind demnach unentschieden, wenn es um die Sicherheit geht.