Allgemeinverbindlichkeit von Pflege-Tarifvertrag geplatzt

Pflegekraft - Bild: Camelialy via Twenty20
Pflegekraft - Bild: Camelialy via Twenty20

Aus einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für die Altenpflege wird vorerst nichts. Die Bundeskommission der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas stellte sich am Donnerstag gegen das Vorhaben, den Vertrag für allgemeinverbindlich erklären zu lassen, wie der Deutsche Caritasverband mitteilte. Damit können die Tarifpartner nicht wie geplant einen entsprechenden Antrag beim Bundesarbeitsministerium stellen. Gewerkschaftsvertreterinnen reagierten empört.

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) und die Gewerkschaft Verdi hatten sich Anfang Februar auf letzte Details eines Tarifvertrags für die Altenpflege geeinigt. Dieser sieht für die Beschäftigten deutliche Lohnerhöhungen in mehreren Schritten vor. Erklärtes Ziel beider Seiten war es, den Vertrag für allgemeinverbindlich erklären zu lassen, so dass er für die ganze Branche gilt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) befürwortete dies.

Das Arbeitnehmerentsendegesetz sieht allerdings vor, dass die zuständigen Gremien von Caritas und Diakonie Anträge auf die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen in der Pflege prüfen. In der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas sitzen jeweils 31 Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer des katholischen Wohlfahrtsverbands. Durch das Votum der Kommission können BVAP und Verdi den Antrag, den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich zu erklären, nicht stellen. Dies gilt unabhängig von dem ebenfalls in Kürze erwarteten Votum aus der Diakonie.

Offenbar habe die Kommission „mehrheitlich befunden, dass sich der vorgelegte Tarifvertrag nachteilig auf den Caritas-eigenen Tarif und auf die Einrichtungen und Dienste der Caritas sowie deren Beschäftigte ausgewirkt hätte und letztlich nicht zur Verbesserung der Bedingungen in der Pflege beigetragen hätte“, erklärte Caritas-Präsident Peter Neher. „Der Deutsche Caritasverband setzt sich seit langem und unabhängig von der Entscheidung der Arbeitsrechtlichen Kommission auch in Zukunft für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege ein“, betonte er zugleich.

Verdi reagierte empört. „Die Caritas handelt mit dieser Entscheidung in krassem Widerspruch zu ihren eigenen sonstigen Aussagen und Werten, wenn es um gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Bedeutung sozialer Dienste geht. Das ist mehr als scheinheilig“, erklärte Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler. Es handele sich um ein „schlimmes Signal für die Beschäftigten in der Altenpflege“.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zeigte sich enttäuscht. „Das ist ein bitterer Tag für die Beschäftigten in der Pflege“, erklärte Vorstandsmitglied Anja Piel. Es sei „die große Chance vertan worden, die Arbeit in der Pflege nachhaltig aufzuwerten“.

Die Entscheidung der Caritas-Kommission „lässt mich schlicht fassungslos zurück“, erklärte der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Arbeiterwohlfahrt (AWO), Jens Schubert. „Altenpflegekräfte sollen und müssen endlich besser bezahlt, ein fairer Wettbewerb, der nicht über die Löhne geführt wird, muss etabliert werden. Ein für alle geltender Branchentarifvertrag hätte das erreichen können.“

Zufrieden zeigten sich hingegen mit der BVAP konkurrierende Arbeitgeberverbände der Pflegebranche. „Die Absage der Caritas an einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für die Pflege war richtig“, erklärte der Bundesgeschäftsführer des Verbands Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB), Thomas Knieling. „Die weit überwiegende Mehrheit der Branche und vor allem die private professionelle Pflege hätte genauso entschieden, wenn sie gefragt worden wäre.“

„Vor der Entscheidung der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas habe ich großen Respekt“, erklärte auch der Präsident des bpa-Arbeitgeberverbands, Rainer Brüderle. Das Votum drücke „trotz hohen politischen Drucks ein klares Bekenntnis zur grundgesetzlich verankerten Tarifautonomie“ aus.

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1 Kommentar

  1. Wir waren Systemrelevante, wir waren Helden. Dank Caritas und privaten Arbeitgebern bleibt es bei geringen Zuschlägen für Wochenend und Spätdienste, und verkrustetem, völlig inakzeptablem Kirchenrecht ( KV: kirchliche Fassung) . Ein Grund hoffentlich für alle Klatscher und Liederspieler JETZT Solidarität zu zeigen, dass sie und JETUT WEITER UNTERSTÜTZEN. Gruß aus Köln mit dem Gedanken an einen Kirchenaustritt . M. W.

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