Eine Erfolgsgeschichte: Großbritannien schafft Zwischenziel von 15 Millionen Corona-Impfungen

Impfstoff
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Großbritannien gehört zu den am stärksten von der Corona-Pandemie betroffenen Ländern weltweit und Premierminister Boris Johnson wurde immer wieder ein chaotisches Krisenmanagement vorgeworfen. Die britische Impfkampagne gegen Sars-CoV-2 läuft allerdings so gut wie nirgendwo sonst in Europa. Am Sonntag erreichte das Vereinigte Königreich ein wichtiges Zwischenziel: 15 Millionen seiner rund 66 Millionen Einwohner haben bereits eine Impfdosis erhalten. 

Ab Montag steht die Immunisierung der nächsten Gruppe auf dem Programm, zu denen alle 65- bis 69-Jährigen sowie Risikopatienten gehören. Zu diesem Erfolg haben verschiedene Faktoren beigetragen:

Frühe Unterstützung der Impfstoff-Entwicklung

Die britische Regierung unterzeichnete im Mai 2020 eine Vereinbarung mit der Elite-Uni Oxford und dem britisch-schwedischen Pharma-Unternehmen Astrazeneca, ihnen 100 Millionen Dosen von ihrem Corona-Impfstoff abzunehmen, dessen Wirksamkeit damals noch nicht erwiesen war. Die EU bestellte das Vakzin erst drei Monate später.

Großbritannien orderte insgesamt 367 Millionen Dosen von sieben verschiedenen Impfstoffen. Außerdem stellte es 65,5 Millionen Pfund (75 Millionen Euro) für klinische Versuche und die Impfstoff-Herstellung bereit. Mehrere Produktionsstätten wurden im Vereinigten Königreich errichtet.

Vorangehen bei der Impfstoff-Zulassung

Anfang Dezember war Großbritannien das erste westliche Land, das den Corona-Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech und dessen US-Partners Pfizer eine Notfall-Zulassung erteilte. Nur sechs Tage später starteten die Impfungen mit dem Biontech-Vakzin und damit das weltweit erste umfassende Corona-Impfprogramm mit einem erprobten und zugelassenen Vakzin.

Ein paar Wochen später erteilte Großbritannien als erstes Land der Welt dem Corona-Impfstoff von Oxford-Astrazeneca eine Zulassung, während andere Länder noch Bedenken hatten, weil die Ergebnisse der klinischen Tests bei dem Astrazeneca-Mittel nicht ganz so überzeugend waren wie bei Biontech.

Die Europäische Union ließ den Astrazeneca-Impfstoff erst Ende Januar zu. In einigen EU-Ländern, darunter Deutschland, gilt die Zulassung nur für Menschen unter 65 Jahren. 

Einigen Experten zufolge kann das Astrazeneca-Präparat den Impfkampagnen einen Schub geben, da die Impfdosen nicht so extrem gekühlt werden müssen wie die von Biontech und dem US-Unternehmen Moderna.

Ehrgeizige Zielsetzung

Nach der Verhängung eines erneuten Corona-Lockdowns in England Anfang Januar sicherte Premierminister Johnson zu, alle Hochrisikogruppen bekämen bis Mitte Februar ein Impfangebot. Das Versprechen bezog sich auf Menschen ab 70 Jahren, die Bewohner und das Personal von Pflegeheimen, gesundheitlich extrem anfällige Menschen und die Beschäftigten des Nationalen Gesundheitsdienstes NHS.

Bei der Impfkampagne wurde die Priorität auf die Verabreichung der ersten von zwei benötigten Impfdosen gelegt. Der Abstand zwischen den beiden Dosen wird in Großbritannien entgegen mancher Hersteller-Empfehlungen von drei oder vier Wochen auf zwölf Wochen gestreckt.

Die britischen Behörden rechtfertigen diese umstrittene Entscheidung damit, dass eine Impfdosis bereits einen guten ersten Schutz gegen das neuartige Coronavirus biete. Vergangene Woche erhielten sie für ihr Vorgehen Rückendeckung von der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Unterstützung durch die Armee und Freiwillige

Der NHS hat tausende temporäre Impfzentren eingerichtet, unter anderem in Kirchen, Museen und Sportstätten. Neben praktischen Ärzten verabreichen auch Freiwillige die Impfspritzen. Der Erste-Hilfe-Kurs-Anbieter St. John Ambulance Service soll bis zum Frühling mehr als 30.000 Freiwillige im Impfen schulen. Außerdem helfen hunderte Soldaten, darunter auch ausgebildete Sanitäter, bei der Einrichtung und dem Betrieb von Impfzentren.

Gute PR

Die 94 Jahre alte britische Königin Elizabeth II. und ihr fünf Jahre älterer Mann Prinz Philip bekamen ihre erste Impfdosis Anfang Januar. Im Februar ließen sich auch Kronprinz Charles und seine Frau Camilla impfen. Zudem warben Promis wie Pop-Sänger Elton John und Schauspieler Michael Caine bei den Briten dafür, sich impfen zu lassen. Eine Kampagne mit schwarzen und asiatischstämmigen Abgeordneten und Ärzten zielte darauf ab, auch Angehörige von Minderheiten von den Vorteilen einer Corona-Impfung zu überzeugen.

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