Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat vor einer dramatischen Benachteiligung ärmerer Länder bei der Versorgung mit Corona-Impfstoff gewarnt. „Eine weltweite Impfkampagne darf nicht am Geld scheitern – aus humanitären Gründen, aber auch aus unserem eigenen Interesse“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ vom Samstag. Andernfalls komme das Virus „im nächsten Flieger zurück, vielleicht noch gefährlicher“.
Ziel sei es, bis Ende des Jahres mindestens 20 Prozent der Menschen in Entwicklungsländern zu impfen. Dafür fehlen nach Müllers Worten jedoch noch 27 Milliarden Euro. „Die Pandemie besiegen wir nur weltweit oder gar nicht“, sagte Müller. Bislang fänden nur 0,5 Prozent der Impfungen in den ärmsten Ländern statt.
Die reichen Länder hätten sich hingegen zwei Drittel der Impfdosen gesichert, obwohl sie nur 16 Prozent der Weltbevölkerung ausmachten. Die Impfstoffproduktion müsse daher beschleunigt und erweitert werden. Müller forderte, „auch Produktionskapazitäten in Entwicklungsländern aufzubauen – durch Lizenzproduktion und Technologietransfers“.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter beklagte ebenfalls die „ungerecht und schleppend“ verlaufende globale Verteilung der Corona-Impfstoffe. Weltweit hätten 130 Nationen noch keine einzige Impfdosis erhalten und nach jetzigem Stand müssten voraussichtlich zwei Drittel der Menschen weltweit noch bis zu drei Jahre auf eine Impfung warten, beklagte er am Freitagabend.
Hofreiter begrüßte die Zusage Deutschlands beim G7-Gipfel, 1,5 Milliarden Euro an Finanzhilfen für globale Impf-Initiativen beizusteuern. Doch das allein reiche nicht aus. Die Bundesregierung müsse sich dafür einsetzten, dass die weltweiten Produktionskapazitäten rasch aufgebaut werden. Dafür seien etwa Vereinbarungen für günstige Lizenzen zwischen Pharmaunternehmen und eine Stärkung der gesamten Lieferkette nötig.