Angesichts anhaltender Lieferengpässe bei Corona-Impfstoffen hat die konservative EVP-Fraktion im Europaparlament vor dem EU-Gipfel gefordert, mehr Dosen als bisher pro Ampulle zu verwenden. Wie es in einem Brief an EU-Ratspräsident Charles Michel heißt, könnten beim Impfstoff von Biontech/Pfizer sieben statt bisher bis zu sechs Dosen pro Ampulle genutzt werden. Beim Wirkstoff des US-Konzerns Moderna seien elf statt bisher zehn Dosen möglich.
Die EVP-Fraktion, der auch CDU und CSU angehören, verlangte vor dem Video-Gipfel ab Donnerstag „höchstmögliches politisches Engagement (…), um Druck auf Biontech/Pfizer und Moderna sowie die Europäische Arzneimittelagentur auszuüben“, damit mehr Dosen pro Ampulle genutzt werden könnten. EU-Kommission und Mitgliedstaaten „sollten die Ärzte dazu ermutigen, dies zu tun, ohne die sichere und wirksame Anwendung der Impfstoffe zu gefährden“.
Bei dem Biontech/Pfizer-Impfstoff waren ursprünglich nur fünf Dosen pro Ampulle vorgesehen. Die EU-Arzneimittelbehörde EMA erlaubte dann Anfang des Jahres auch sechs Dosen, wenn bestimmte Spritzen verwendet werden. Daraufhin hatte der US-Pharmakonzern Pfizer angekündigt, weniger Ampullen an die Abnehmerländer auszuliefern, da sich die Bestellungen auf Dosen und nicht auf Ampullen bezogen.
Beim Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs wird auch diskutiert werden, ob die Impfstrategie eher an das britische Modell angepasst werden sollte. Einige Teilnehmer hätten das Thema im Vorfeld angesprochen, sagte ein hochrangiger EU-Vertreter. Es werde sicher bei den Gesprächen zum Vorgehen in der Corona-Pandemie am Donnerstag besprochen werden.
Dabei geht es um die Frage, ob die Priorität wie in Großbritannien auf die erste Dosis gelegt und der Abstand zur zweiten Dosis vergrößert werden sollte. Damit könnten mehr Menschen in der Anfangsphase geimpft werden, wenn noch nicht genug Impfstoff zur Verfügung steht.
Nach Vorgaben der britischen Regierung sind in Großbritannien bis zu zwölf Wochen bis zur zweiten Dosis möglich. In der EU sind es bei den neuartigen mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna drei bis vier Wochen. Nur beim herkömmlichen Astrazeneca-Impfstoff hat die EMA vier bis zwölf Wochen erlaubt.
Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatten im Januar erklärt, sie hielten bei den Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna eine Vergrößerung des zeitlichen Abstands zwischen den Dosen auf etwa sechs Wochen für vertretbar. Dies könne in Ausnahmesituationen wie bei Lieferengpässen erfolgen, hieß es. Empfohlen werde aber weiter ein Zeitabstand von 21 bis 28 Tagen.