Fünf-Sterne-Bewegung legt Unterstützung für Regierung Draghi vorläufig auf Eis

Mario Draghi - Bild: European Union - European Parliament
Mario Draghi - Bild: European Union - European Parliament

Auf dem Weg zur Bildung einer Einheitsregierung für Italien hat der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, einen Rückschlag erlitten: Die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), die gut ein Drittel der Abgeordneten und Senatoren in Rom stellt, kündigte am Mittwoch an, ihre Unterstützung für Draghi vorläufig auf Eis zu legen. Zunächst will die Partei eine öffentliche Zusage Draghis für das Regierungsprogramm und dann eine interne Abstimmung abwarten, die ursprünglich für Mittwoch und Donnerstag angesetzt worden war. Die Ankündigung dürfte eine mögliche Regierungsbildung in Rom verzögern. 

Die Fünf-Sterne-Bewegung wollte die Online-Befragung ihrer Parteimitglieder ursprünglich von Mittwoch (12.00 Uhr) bis Donnerstag (12.00 Uhr) abhalten. Am Mittwochmorgen kündigte M5S jedoch überraschend an, dass „die geplante Abstimmung über die Regierung“ auf unbestimmte Zeit ausgesetzt worden sei. „Die neuen Abstimmungszeiten werden später bekannt gegeben“, hieß es in der Erklärung.

Die Parteiführung der M5S hatte nach einer ersten Gesprächsrunde mit Draghi ihre Bereitschaft für die Unterstützung einer Regierung der nationalen Einheit signalisiert, falls parteiintern eine Mehrheit dafür gefunden werde.

Nach einem Treffen mit Draghi hatte Parteigründer Beppe Grillo auf der Online-Plattform Facebook aber geschrieben: „Ich würde erwarten, dass er die Aussagen, die er uns gegenüber gemacht hat, öffentlich macht.“ Draghi stimme in den meisten entscheidenden Fragen mit den Ansichten der Fünf-Sterne-Bewegung überein, fügte Grillo hinzu. „Warten wir darauf, dass er öffentlich sagt, was er tun will“, fügte der Parteigründer hinzu. 

Italienischen Medienberichten zufolge könnte die Abstimmung der M5S-Parteimitglieder am Freitag oder am Wochenende stattfinden. Dennoch dürfte Draghis Zeitplan für eine mögliche Regierungsbildung damit verzögert werden. 

Der frühere Ministerpräsident Matteo Renzi bekräftigte indessen im Interview mit der „Zeit“ seine Unterstützung für Draghi: „Er ist der Italiener, der den Euro gerettet hat, jetzt ist er der Europäer, der Italien retten wird“, sagt Renzi der Zeitung. Der Ex-Regierungschef hatte durch den Austritt seiner Partei Italia Viva (IV) aus der Koalition die Regierungskrise in Italien ausgelöst.

Italien, das als erstes Land in der Europäischen Union einen massiven Ausbruch der Corona-Pandemie erlebte, kämpft zusätzlich gegen die schlimmste Rezession seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Zeit drängt, da mehrere wichtige Einschränkungen im Kampf gegen das Coronavirus am Montag auslaufen. Die Maßnahmen, zu denen eine nächtliche Ausgangssperre zählt, können nur durch ein Regierungsdekret verlängert werden.

Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte hatte Ende Januar seinen Rücktritt erklärt, nachdem die von ihm angeführte Mitte-Links-Koalition am Streit um die Verwendung der Corona-Hilfsgelder der Europäischen Union zerbrochen war. Staatspräsident Sergio Mattarella hatte Draghi daraufhin mit der Bildung einer Einheitsregierung beauftragt. 

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