Vor der Rede des neuen US-Präsidenten Joe Biden vor der Münchner Sicherheitskonferenz hat Ex-Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) die Kritik der USA an der deutsch-russischen Pipeline Nord Stream 2 zurückgewiesen. „Vom Gesichtspunkt europäischer Souveränität geht es die USA erst einmal nichts an“, sagte der Vorsitzende der Atlantik-Brücke im Interview mit der „Welt“ (Donnerstagsausgabe). „Ich finde, das ist eine europäische Entscheidung – mir allen Chancen und Risiken. Aber es ist keine amerikanische.“
Gabriel verwies darauf, die Regierung Biden habe jüngst den Bau der XL-Pipeline aus Kanada gestoppt und „setzt nun noch stärker auf Klima-schädlicheres Fracking“. „Aber das ist eine Angelegenheit der Amerikaner, nicht der Europäer“, sagte Gabriel.
Gabriel erwartet von Bidens Rede ein Bekenntnis zum Multilateralismus. Biden werde bekräftigen, „dass die USA als echter Partner wieder zurück sind und Interesse daran haben, mit anderen zusammenzuarbeiten – insbesondere mit uns Europäern“. Biden setze, anders als sein Vorgänger Donald Trump, auf die europäischen Alliierten und die Nato und wolle sie stärken.
„Vermutlich wird Joe Biden auch das komplizierte Verhältnis zu Russland und China ansprechen und dabei kritische Themen wie Nord Stream 2 nicht aussparen“, sagte Gabriel. „Und ganz gewiss wird er uns die Hand reichen für eine ambitionierte Klimapolitik.“ Biden sei ein „außenpolitisch extrem erfahrener Präsident“.
Die Arbeiten an der 1200 Kilometer langen Pipeline durch die Ostsee waren im Dezember in deutschen Gewässern wieder aufgenommen worden, nachdem sie wegen US-Sanktionen fast ein Jahr unterbrochen waren. Die Pipeline zwischen Russland und Deutschland ist fast fertig gebaut. Frankreich und viele andere europäische Staaten stehen dem Projekt kritisch gegenüber. Die USA bekämpfen es mit Sanktionen und argumentieren, die Pipeline schaffe eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischen Energielieferungen.
Die Bundesregierung hält trotz der Kritik an Russland im Zusammenhang mit den Repressionen gegen den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny und seine Anhänger an dem Projekt fest.