Die Grünen-Spitze hat sich gegen den Eindruck verwahrt, die Partei sei grundsätzlich gegen den Bau von Einfamilienhäusern. „Das Einfamilienhaus gehört zum Ensemble der Wohnmöglichkeiten in Deutschland“, stellte Grünen-Chef Robert Habeck am Montag klar. Je nachdem, wie die Kommunen die Wohngebiete auswiesen, „wird es auch in Zukunft dazu gehören“. Die Debatte hatte sich an Äußerungen von Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter entzündet.
Vertreter von Union und FDP, aber auch Eigentümerverbände und Bauindustrie hatten den Grünen zuvor einen ideologisch motivierten Feldzug gegen Einfamilienhäuser vorgeworfen. Hofreiter hatte dem „Spiegel“ gesagt: „Einparteienhäuser verbrauchen viel Fläche, viele Baustoffe, viel Energie, sie sorgen für Zersiedlung und damit auch für noch mehr Verkehr.“
Um zu verhindern, dass neue Baugebiete in ländlichen Regionen vor allem an Ortsrändern entstehen, forderte Hofreiter mehr Rechte für Kommunen. Ein Verbot des Baus von Einfamilienhäusern hatte Hofreiter aber nicht gefordert.
Parteichef Habeck kritisierte die Debatte um Hofreiters Äußerungen und sagte, er würde sich „mehr Differenziertheit“ wünschen. Den Wirbel um Hofreiters Aussagen führte der Parteichef auch auf den aufziehenden Wahlkampf zurück.
Unterstützung erhielt Hofreiter von der Linkspartei. „Man muss den Flächenverbrauch reduzieren, aus sozialen Gründen und aus Gründen des Klimaschutzes“, sagte Parteichef Bernd Riexinger den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. „Deshalb können wir mit den Einfamilienhäusern nicht so weitermachen wie bisher.“ Stattdessen müssten Grundstücke so bebaut werden, dass mehr Wohnungen entstünden, „vor allem mehr bezahlbare Wohnungen“.
Die Linken-Kovorsitzende Katja Kipping äußerte sich zurückhaltender. „Der Kampf für die sozial-ökologische Wende beginnt nicht mit dem Kampf gegen Einfamilienhäuser“, sagte sie. Hier müsse „man an die Quelle rangehen – das heißt an die Konzerne, die für einen Großteil der CO2-Emissionen verantwortlich sind“.
Die SPD-Spitze sprach sich gegen eine allzu strenge Regulierung des Baus von Einfamilienhäusern aus. Um eine Stadt „attraktiv zu halten, muss man den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen auch die unterschiedlichen Wohnmöglichkeiten geben“, sagte Parteichef Norbert Walter-Borjans. Dazu müssten auch Angebote an jene zählen, die in einem Einfamilienhaus wohnen wollten.
Mit Blick auf die Grünen sagte Walter-Borjans: „Diese Grundhaltung – das eine verbiete ich und das andere lasse ich zu – ist nicht meine.“ Richtig sei es aber auch, gerade in Innenstadtbereichen auf eine Verdichtung zu setzen.
Die Kritik aus der Union an den Grünen hielt derweil an. Der Hamburger Landesvorsitzende Christoph Ploß forderte, seine Partei müsse nach der Bundestagswahl „alles daran setzen, bürgerliche Mehrheiten ohne eine Beteiligung der Grünen zu erreichen“. Die Grünen wollten „die Freiheit von immer mehr Bürgern einschränken – ich bin nicht bereit, das hinzunehmen“.
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel attackierte die Grünen scharf: „Das Einfamilienhaus im Grünen ist der Traum der hart arbeitenden Mittelschicht in unserem Land, die sich von den Früchten ihrer Arbeit Wohlstand und Freiraum erhofft“, erklärte sie. Hinter Hofreiters Vorstoß stecke ein „Angriff auf Freiheit und Eigentum und der sozialistische Ungeist der Kollektivierung der Gesellschaft“.