Hunderte Organisationen in den USA erreichte mitten in der Corona-Krise ein überraschender Geldsegen. Die Wohltäterin: MacKenzie Scott. Die Ex-Frau von Amazon-Gründer Jeff Bezos spendete im vergangenen Jahr knapp sechs Milliarden Dollar an Tafeln, Migranten-Initiativen, finanzknappe Colleges und viele andere von der Pandemie betroffene Einrichtungen.
Bemerkenswert ist nicht nur die riesige Summe von umgerechnet 4,98 Milliarden Euro, sondern auch, dass Scott ihre Unterstützung an keinerlei Bedingungen knüpfte. Wie sie das Geld verwenden, bleibt den Empfängern überlassen. Das gibt ihnen Freiheit und entlastet sie von Bürokratie.
Ein Beispiel, das Schule machen könnte, sagt Laura MacDonald von der Stiftung Giving USA, die das Spendenwesen erforscht. „Scotts Philanthropie auf Vertrauensbasis könnte andere Spender ermutigen, mehr Risiken einzugehen“, sagt MacDonald.
Im Juli 2020 verteilte Scott 1,7 Milliarden Dollar an Anti-Rassismus-Verbände und Organisationen, die sich für öffentliche Gesundheit, Gleichberechtigung, Demokratie und den Kampf gegen den Klimawandel einsetzen. In ihrer jüngsten Spendenrunde im Dezember bedachte Scott 384 Organisationen mit insgesamt 4,2 Milliarden Dollar – darunter die Tafel in Arkansas, das Blackfeet Community College in Montana und ein Fonds für Einwandererfamilien.
„Diese Pandemie hat ohnehin benachteiligte Amerikaner wie eine Abrissbirne getroffen“, schrieb Scott in einem Blog-Artikel. „Die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Einbußen sind für Frauen, People of Colour und arme Menschen schlimmer“. Gleichzeitig seien Milliardäre noch reicher geworden, fügte Scott hinzu.
Ihren Ex-Mann Bezos erwähnte sie dabei nicht namentlich. Dessen Vermögen wuchs in der Corona-Krise Schätzungen zufolge um nahezu 80 Prozent. Bezos gilt als reichster Mensch der Welt. Auch Scott ist Multimilliardärin: Ihre Anteile an Amazon belaufen sich auf 58 Milliarden Dollar. Nach der Scheidung 2019 trat sie der Initiative „giving pledge“ bei und versprach, einen Großteil ihres Vermögens zu spenden.
„Ich hoffe, dass die Summen, die sie auf den Tisch legt, und ihre Absicht, dies auch weiterhin zu tun, ein Tritt in den Hintern jener ist, die auf einem enormen Reichtum sitzen – zu einer Zeit unglaublicher Herausforderungen und riesiger Not“, sagt Phil Buchanan, Leiter des Center for Effective Philanthropy, das Stiftungen und Spender berät. „Ihre Philanthropie ist ein Grund zu feiern.“
Ungewöhnlich an Scotts Spenden sei auch die Geschwindigkeit, sagt Benjamin Soskis, Experte für Philanthropie bei der US-Denkfabrik Urban Institute. „Die Pandemie hat die Notwendigkeit verstärkt, das Geld so schnell wie möglich zur Verfügung zu stellen“, sagt Soskis.
Auch das bedingungslose Geben sei ein Novum. Normalerweise „sehen sich Philanthropen oft als Teil des Prozesses, mit immer neuen Bewertungen, die sehr lästig sein können“. Kritisch sieht Soskis einzig das „undurchsichtige“ Verfahren, mit dem Scotts Team die Empfänger auswählt. Dennoch ist er überzeugt: „Kein großer Philanthrop wird sich ihrem Beispiel entziehen können.“
Vermutlich auch Scotts Ex-Mann nicht. Bezos spendete im vergangenen Jahr zwar zehn Milliarden Dollar für den Kampf gegen den Klimawandel und noch mehr für andere Zwecke. Doch gemessen an seinem dreimal so großen Vermögen fielen seine Zuwendungen vergleichsweise gering aus.
Vielleicht ändert sich das nun. Am Dienstag kündigte Bezos an, die Führung von Amazon abzugeben. Unter anderem, um mehr Zeit für seine wohltätigen Initiativen zu haben.