Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, rechnet nicht mit einer deutlichen Änderung der China-Politik der USA unter Präsident Joe Biden. „Wir dürfen nicht erwarten, dass jetzt so eine Art amerikanischer Schmusekurs gegenüber China stattfindet“, sagte Ischinger im Vorfeld der Konferenz dem Deutschlandfunk am Freitag. Er begründete dies damit, dass beide Kammern des US-Kongresses parteiunabhängig seit längerem einen härteren Kurs gegenüber China forderten.
Ischinger geht davon aus, dass China neben Russland und der Nato „auf der transatlantischen Tagesordnung einen ganz prioritären Platz“ einnehmen wird. Der Sicherheitsexperte sieht zudem dringenden Bedarf zur Zusammenarbeit mit China. Wichtig sei eine engere Kooperation etwa beim Klimaschutz oder im Bereich der Innovation und Technologie
Mit Blick auf einen Truppenabzug aus Afghanistan erklärte Ischinger, er rechne mit einem langsamen Vorgehen der USA. Mit dem noch von Ex-Präsident Donald Trump angekündigten „kategorischen kompletten Abzug“ würden die USA riskieren, die Arbeit der letzten 20 Jahre „komplett aufs Spiel zu setzen“, sagte er. Wahrscheinlicher sei ein graduelles, gestaffeltes Vorgehen in Abstimmung mit den Verbündeten, vor allem auch der Bundesregierung.
Die Münchner Sicherheitskonferenz findet am Freitag wegen der Corona-Pandemie als Online-Veranstaltung statt. Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nehmen unter anderem US-Präsident Joe Biden, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg teil. Biden wendet sich bei der Konferenz zum ersten Mal als US-Präsident an ein europäisches Publikum. Die Sicherheitskonferenz gilt seit mehr als 50 Jahren als das wichtigste Forum für internationale Sicherheitspolitik.