Israel will Familien von nach Staatsgründung vermissten Kindern entschädigen

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Israel will ein besonders schmerzliches Kapitel seiner Geschichte aufarbeiten: Familien, deren kleine Kinder nach der Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 gestohlen worden waren, sollen staatliche Entschädigungen gezahlt bekommen. Dies kündigte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Montag an. Die Zeit sei gekommen, dass das Schicksal der betroffenen Familien anerkennt werde und sie eine finanzielle Entschädigung erhielten, erklärte er. 

Der Regierungschef bezeichnete die Dramen um die entführten Kinder als einen der „schmerzhaftesten Vorgänge“ der israelischen Geschichte. Familienangehörige und Aktivisten erheben bereits seit Jahrzehnten den Vorwurf, dass nach der Staatsgründung tausende Babys von jüdischen Eltern hauptsächlich arabischer Herkunft gestohlen und zur Adoption an Juden aus Europa gegeben wurden. 

Viele dieser Kinder wurden demnach in den 50er Jahren in Flüchtlingslagern von ihren Eltern getrennt. Laut den Schilderungen von Angehörigen und Aktivisten sagten damals Ärzte den Eltern, dass ihre Kinder gestorben seien. Die Leichname seien aber nicht übergeben worden.

Die Babys verschwanden demnach hauptsächlich aus Familien mit Herkunft aus dem Jemen und anderen arabischen Ländern, aber auch aus dem Balkan. Adoptiert wurden die Kinder diesen Schilderungen zufolge vorwiegend von Aschkenasim, also Juden aus Mittel- und Osteuropa, Die Adoptiveltern lebten diesen Schilderungen zufolge nicht nur in Israel, sondern auch im Ausland. 

Der Skandal um die verschwundenen Kinder ist einer der Gründe, warum Sephardim – also Juden orientalischen Ursprungs – die Aschkenasim bis heute des Rassismus bezichtigen. Der israelische Staat wurde von aschkenasischen Juden gegründet.

Das Schicksal der verschwundenen Kinder wurde in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach vom israelischen Staat untersucht. Zahlreiche Studien kamen zu dem Schluss, dass viele dieser Kinder wegen der schlechten hygienischen Bedingungen in den Aufnahmelagern gestorben seien. Der neu gegründete Staat Israel schuf diese Lager zur Aufnahme jüdischer Einwanderer, größtenteils aus arabischen Staaten. 

2018 genehmigte die israelische Justiz für diese Untersuchungen die Öffnung von Gräbern jüdischer Kinder, die in den 1950er Jahren gestorben waren, unter anderem für genetische Untersuchungen. Die offiziellen Untersuchungen konnten aber bisher keine völlige Klarheit schaffen. 

Finanzminister Israel Katz sagte nun, eine aktuelle Untersuchung zu den verschwundenen Babys müsse noch abgeschlossen werden. Allerdings habe sich die Pein der betroffenen Familien „in die Annalen des Staates eingebrannt“.

Das israelische Kabinett genehmigte eine Entschädigungssumme von insgesamt 162 Million Schekel (40,8 Millionen Euro). Die einzelnen Familien sollen jeweils 200.000 oder 150.000 Schekel erhalten.

Manchen Angehörigen gehen diese Maßnahmen nicht weit genug. „Der Staat versucht, die Familien mit lächerlichen Entschädigungen zum Schweigen zu bringen, ohne seine Verantwortung für das, was passiert ist, anzuerkennen“, schrieb die Organisation von Angehörigen vermisster Kinder, Ahim Vekajamim, beim Onlinedienst Facebook.

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