Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat Fehler ihres Hauses im Umgang mit der rechtlich fragwürdigen Munitionsamnestie beim Kommando Spezialkräfte eingeräumt. Der Vorgang sei im Ministerium bekannt gewesen, die Information sei dann aber nicht an den Verteidigungsausschuss des Bundestags weitergeleitet worden, sagte die Ministerin am Mittwoch nach einer Befragung durch die Abgeordneten. Dies sei „aus heutiger Sicht ein Fehler“. Der Generalinspekteur habe im Ausschuss zugesagt, künftig „detailliert und transparent“ zu informieren, sagte sie.
In dem Fall geht es um verschwundene Munition bei der Bundeswehr-Elitetruppe KSK. Deren Kommandeur Markus Kreitmayr hatte laut Kramp-Karrenbauer den Soldaten im vergangenen Jahr die Möglichkeit gegeben, unerlaubt gehortete Munition ohne weitere Strafen zurückzugeben.
Der Vorgang werfe „rechtlich eine Reihe von Fragen auf“, räumte die Ministerin nun ein. Über mögliche Konsequenzen bis hin zu einer Ablösung des Kommandeurs habe sie aber noch nicht entschieden – allerdings erwarte sie eine Entscheidung darüber in der kommenden Woche, sobald weitere Ergebnisse der Ermittlungen vorliegen.
Die Opposition zeigte sich nicht zufrieden mit Kramp-Karrenbauers Aussagen in der Ausschuss-Sitzung. Ministerium und Bundeswehr-Spitze hätten das Parlament im vergangenen Jahr nicht über den Vorgang informiert, deswegen liege „offensichtlich eine Täuschung des Verteidigungsausschusses“ vor, erklärte der Linken-Wehrexperte Tobias Pflüger. Dies sei „skandalös“. Pflüger forderte den Rücktritt des KSK-Kommandeurs sowie personelle Konsequenzen auch im Ministerium.
Ähnlich äußerte sich die Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger. „Das Ministerium hat die hoch umstrittene Munitionssammelaktion in allen bisherigen Berichten verheimlicht“, kritisierte sie. „Die Hintergründe der Aktion und die Gründe für die Intransparenz des Ministeriums bleiben auch nach dieser Sitzung mehr als unklar.“
Das KSK ist durch eine Reihe rechtsextremer Vorfälle in die Schlagzeilen geraten. Kramp-Karrenbauer hatte deshalb bereits im vergangenen Jahr eine KSK-Division aufgelöst. Im Sommer will sie eine Grundsatzentscheidung über die Zukunft der Elitetruppe treffen.
„Es bleibt dabei: Das KSK steht unter Bewährung“, sagte sie am Mittwoch. Die umstrittene Waffenamnestie füge sich ein in das Bild eines „nicht ordnungsgemäßen und in vielen Bereichen zu hinterfragenden Umgangs mit Munition“ und zeuge zudem von „Disziplinlosigkeit“. Auch in den Bereichen Vergaberecht und Nebentätigkeiten sehe sie Probleme im KSK, die aufgeklärt und in die Gesamtbewertung mit einfließen müssten, sagte Kramp-Karrenbauer.
Kramp-Karrenbauer strebt eine grundlegende Reform der Truppe an – dabei hatte sie Kommandeur Kreitmayr eine zentrale Rolle zugewiesen. Über Kreitmayrs Zukunft wolle sie erst nach der „Einlassung des Betroffenen selbst“ entscheiden, sagte sie nun. Berichte, wonach sie sich bereits für Kreitmayrs Ablösung entschlossen habe, seien „Fake News“, sagte die Ministerin.
Nun gehe es darum, die Ermittlungen „mit noch mehr Transparenz und noch mehr Intensität voranzutreiben“, um dann im Sommer eine Entscheidung über das KSK zu fällen.
Die Staatsanwaltschaft in Tübingen nahm derweil ein Vorermittlungsverfahren wegen der Amnestie für mutmaßliche Munitionsdiebe beim KSK auf. „Wir prüfen, ob strafbare Handlungen vorliegen, und haben deshalb ein Vorermittlungsverfahren aufgenommen“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Nicolaus Wegele, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Bei den Soldaten könnte ein Verstoß gegen das Waffengesetz oder das Kriegswaffenkontrollgesetz vorliegen, bei den Vorgesetzten Strafvereitelung oder Strafvereitelung im Amt.“