Kreml-Kritiker Nawalny verliert zwei Gerichtsprozesse an einem Tag

Justiz (über cozmo news)
Justiz (über cozmo news)

Der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny hat am Samstag gleich zwei Justizprozesse verloren: Zuerst wies ein Moskauer Gericht die Berufung des 44-Jährigen gegen seine Haftstrafe zurück. Es bestätigte damit ein Urteil von Anfang Februar, durch das eine 2014 gegen Nawalny verhängte Bewährungsstrafe in eine Haftstrafe umgewandelt worden war. In einem weiteren Prozess wurde der bekannteste Oppositionelle wegen Verleumdung eines Weltkriegsveteranen zu einer Geldstrafe verurteilt. 

Im ersten Prozess reduzierte das Berufungsgericht die Strafe lediglich leicht, so dass Nawalny dem Urteil zufolge nun rund zweieinhalb Jahre Haft in einem Straflager verbüßen muss. Der Richter rechnete sechs Wochen Hausarrest, die Nawalny bereits verbüßt hat, auf die Gesamtstrafe an. Der Kreml-Kritiker will die Entscheidung anfechten.

Nawalny verfolgte die Verhandlung in einem für Angeklagte vorgesehenen Glaskasten. Er lächelte und machte das „Victory“-Zeichen. „Unser Land ist auf Ungerechtigkeit aufgebaut“, sagte Nawalny. Er nannte den Prozess „absurd“ und rief die Russen auf, sich dafür einzusetzen, ihr Land zu einem besseren Ort zu machen. „Russland sollte nicht nur frei, sondern auch glücklich sein“, sagte Nawalny. Er bedauere nicht, nach Russland zurückgekehrt zu sein, betonte Nawalny. 

Die Staatsanwaltschaft warf dem Oppositionspolitiker vor, er verhalte sich, als ob er über dem Gesetz stehe und ein „exklusives Recht darauf habe, zu tun, was er möchte“. Nawalnys Anwalt Wadim Kobsew nannte das Urteil „erwartbar“. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte, das Urteil ändere nichts an der „reichen und pluralistischen“ politischen Landschaft in Russland. 

Die Grünen äußerten scharfe Kritik an dem Urteil. „Die Lagerhaft für den Oppositionellen Nawalny ist politische Willkür und eine grobe Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien“, erklärte die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt. Die Bundesregierung müsse sich umso energischer für die sofortige Freilassung Nawalnys einsetzen.

Nawalny war nach einem Giftanschlag im August, für den er den Kreml verantwortlich macht, in Deutschland im Krankenhaus behandelt worden. Unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Russland im Januar wurde er festgenommen. 

Wegen angeblicher Verstöße gegen seine Bewährungsauflagen während seines Aufenthalts in Deutschland wurde der Kreml-Kritiker am 2. Februar zu zwei Jahren und acht Monaten Haft in einem Straflager verurteilt. Die Entscheidung wurde international scharf verurteilt und löste Massenproteste in Russland aus. 

Nawalny gilt als wichtigster Widersacher des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er wurde schon mehrfach festgenommen und zu kurzen Haftstrafen verurteilt. Seine Unterstützer kritisieren das Vorgehen der Justiz gegen den 44-Jährigen als politisch motiviert. 

In dem Verleumdungsprozess verurteilte Richterin Vera Akimowa Nawalny zu einer Geldstrafe von umgerechnet 9500 Euro – etwas weniger als die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Die Justiz warf Nawalny „unwahre“ und „beleidigende“ Äußerungen über einen Weltkriegsveteranen vor. Dieser hatte sich in einem Video für Verfassungsreformen ausgesprochen, die es Putin ermöglichen könnten, bis 2036 an der Macht zu bleiben. „Nawalny hat das Verbrechen begangen“, sagte Richterin Akimowa in der Urteilsbegründung.

Nawalny warf der Regierung zu Beginn der Verhandlung vor, den 94-jährigen Veteranen als „Marionette“ zu missbrauchen. Ein Verhandlungstag in diesem Prozess koste mehr Geld, als der Veteran in den vergangenen vier Jahren vom Staat erhalten habe, sagte Nawalny.

Das Vorgehen Russlands gegen Nawalny hat die Beziehungen zwischen der EU und Moskau schwer belastet. Die EU-Außenminister wollen nach Angaben von Diplomaten am Montag neue Sanktionen gegen Russland auf den Weg bringen. Bereits am Sonntag treffen sich die Außenminister mehrerer EU-Staaten in Brüssel mit dem Nawalny-Mitarbeiter Leonid Wolkow und einem weiteren Vertrauten des Kreml-Kritikers.

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