Kretschmann räumt Fehler in Corona-Politik ein: „Der Lockdown light war falsch“

Ministerpräsident (Baden-Württemberg) Winfried Kretschmann in Dresden - Bild: Staatsministerium Baden-Württemberg
Ministerpräsident (Baden-Württemberg) Winfried Kretschmann in Dresden - Bild: Staatsministerium Baden-Württemberg

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat vor der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch Fehler im Corona-Krisenmanagement eingeräumt. „Der Lockdown light im November war falsch, die Einschränkungen gingen nicht weit genug“, sagte Kretschmann dem „Tagesspiegel am Sonntag“. „Von Teilen der Wissenschaft hatten wir die Ansage, dass das genügen könnte“, sagte der Grünen-Politiker. Das sei ein Irrtum gewesen. „Aber wir mussten und müssen in der Situation und unter Druck handeln. Dabei passieren Fehler, das ist leider so.“

Auch bei den Planungen für die Impfungen gegen das Coronavirus habe es Fehler gegeben, fügte Kretschmann hinzu. „Die EU hat sich offenbar nicht hinreichend auf die Anforderung einer Massenproduktion konzentriert. Das hängt uns jetzt in den Kleidern.“ Tatsache sei, „dass wir durch keinerlei Maßnahmen im ersten Quartal den Mangel an Impfstoff beseitigen können. Da fehlt es derzeit schlicht noch an Produktionskapazitäten“. Zugleich betonte Kretschmann: „Wir sollten froh und glücklich sein, dass wir diesen Impfstoff haben. Das ist ein Impfwunder der Wissenschaft und der Betriebe.“

Kretschmann schlug eine umfassende Fehleranalyse durch den Bundestag nach der Pandemie vor. „Wenn sie im Großen und Ganzen vorbei ist, würde ich dem Bundestag empfehlen, umgehend eine Enquete-Kommission einzusetzen, gerne auch schon im Frühsommer.“ Diese Kommission solle alle Felder durchkämmen, „und festhalten, welche Konsequenzen wir aus der Pandemie ziehen müssen“.

Eine zentrale Frage solle dabei auch der Datenschutz sein, forderte Kretschmann. „Ich finde, wir brauchen eine Debatte darüber, ob wir nicht auch hier im Falle einer Pandemie gewisse Einschränkungen in Kauf nehmen müssten.“ Als Vorbilder nannte Kretschmann Taiwan und Südkorea. Dort werde mit einer Hightech-Warn-App effizient getestet, nachverfolgt und isoliert. „Das läuft mit hohem Erfolg, die Regierungen mussten lange nicht so stark in die Lebensverhältnisse eingreifen wie wir in Europa. Das heißt, wir müssen diskutieren, ob wir den Datenschutz in einer Pandemie weiter komplett unangetastet lassen und dafür umso stärker in andere Grundrechte eingreifen. Das ist für mich eine klare Konsequenz aus der Pandemie.“

FDP-Chef Christian Lindner fordert schon länger eine solche Enquete-Kommission. Jetzt müsse es aber erstmal um einen Plan gehen, „unter welchen Bedingungen welche Bereiche wieder hochgefahren werden“, sagte Lindner dem „Tagesspiegel“: „Wir haben längst nicht alle technischen und logistischen Möglichkeiten ausgeschöpft, um Gesundheitsschutz und Freiheit besser auszubalancieren.“

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte dem „Tagesspiegel“, eine ehrliche Fehleranalyse sei „überfällig“. Die Akzeptanz für die Maßnahmen schwinde. Zudem müsse alles getan werden, um die Impfstoffproduktion hochzufahren „und das Impfdesaster zu beenden“. Das gehe über Lizenzweitergaben und Anreize für die Produktionsunternehmen. „Jeden Tag, den das nicht passiert, bedeutet länger mit Corona-Maßnahmen leben zu müssen“, sagte Bartsch.

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