Kritik an Laschet wegen Distanzierung von Corona-Messzahlen

Armin Laschet - Bild: Land NRW
Armin Laschet - Bild: Land NRW

CDU-Chef Armin Laschet hat mit skeptischen Äußerungen über den Inzidenzwert 35 als Messlatte für Corona-Lockerungen für Irritationen gesorgt. Scharfe Kritik kam von SPD und Grünen. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans bezeichnete die Aussagen am Dienstag als „unwürdig“ für einen Parteivorsitzenden. Der NRW-Ministerpräsident war mit seinen Äußerungen auch auf Distanz zum Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gegangen.

Laschet hatte am Montag am Rande einer Veranstaltung des baden-württembergischen CDU-Wirtschaftsrats gesagt: „Man kann nicht immer neue Grenzwerte erfinden, um zu verhindern, dass Leben wieder stattfindet.“ Damit distanzierte sich Laschet offensichtlich von der von Merkel und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder vergangene Woche getroffenen Entscheidung, statt des bisherigen Inzidenzwerts von 50 den Wert von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen zur Messlatte für weitere Lockerungen von Corona-Schutzmaßnahmen zu machen.

Laschet warf auf der Veranstaltung auch den Verfechtern eines harten Kurses im Kampf gegen die Corona-Pandemie, zu denen Merkel sowie CSU-Chef Markus Söder gezählt werden, Populismus vor. „Populär ist, alles verbieten, streng sein, die Bürger behandeln wie unmündige Kinder“, sagte der CDU-Vorsitzende. Er warnte davor, das Leben der Menschen nur an Inzidenzwerten abzumessen.

Die Aussage, „Politiker würden Grenzwerte erfinden, um das Leben der Menschen bewusst einzuschränken, ist eines Parteivorsitzenden unwürdig“, sagte SPD-Chef Walter-Borjans den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Offensichtlich sei Laschet mit seiner Doppelrolle als Ministerpräsident und CDU-Chef „bereits jetzt überfordert“. Noch vor einer Woche habe er die Beschlüsse und Grenzwerte zur Eindämmung der Pandemie selbst beschlossen, „die er jetzt torpediert“. Er distanziere sich damit von sich selbst und vollführe die nächste Wende seiner Politik.  

„Wer wie Laschet von ‚erfundenen Grenzwerten‘ spricht, der zerstört Vertrauen in die Corona-Maßnahmen“, schrieb SPD-Fraktionsvize Katja Mast im Kurzbotschaftendienst Twitter. Mit Blick auf Laschets Beteiligung an den Beschlüssen von Bund und Ländern kritisierte sie: „Allem zugestimmt und hinterher absetzen spricht von schwachem Charakter.“ SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil warf Laschet in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland einen „Schlingerkurs“ und „unbeholfenen Populismus“ vor.

Der Vorsitzende des Weltärtzebundes, Frank Ulrich Montgomery, verteidigte den Inzidenzwert 35 als Messlatte. Wenn man Lockerungen bereits ab dem Wert von 50 vornehme, sei man wenige Tage später wieder in der roten Zone, warnte er in den RND-Zeitungen. „Es ist viel klüger, einen Puffer einzubauen“, gerade auch mit Blick auf die Mutationen.

Kritik an Laschet kam auch von den Grünen. „Das Virus verhindert, dass Leben normal wieder stattfindet, nicht ‚erfundene‘ Inzidenzwerte“, erklärte die stellvertretende Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang. „Dass Armin Laschet das entweder nicht verstanden hat oder bewusst anders darstellt, ist verantwortungslos“, warf sie dem CDU-Chef vor.

Der CDU-Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann nahm Laschet in Schutz. Er wandte sich im „Spiegel“ dagegen, „immer nur an Inzidenzzielen herumzuschrauben“.

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