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Mit 44 zu alt fürs Festival – Mann will Klärung vor Gericht

Mit 44 zu alt fürs Festival – Mann will Klärung vor Gericht

Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit

Auf den ersten Blick scheint es sich um eine Nichtigkeit zu handeln, mit der sich der siebte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag auseinandersetzte. Auf den zweiten Blick aber könnte sich das Thema als deutlich wichtiger herausstellen, denn es ging darum, ob der verwehrte Zugang zu einem Festival wegen des – optischen – Alters Diskriminierung darstellt. Geklagt hatte ein Mann, der 2017 im Alter von 44 Jahren beim Münchner „Isarrauschen“ nicht eingelassen wurde. (Az. VII ZR 78/20)

Für das Elektrofestival hatte der Veranstalter ein junges Zielpublikum zwischen 18 und 28 Jahren im Blick. Er gab den Türstehern die Anweisung, nicht zur Zielgruppe passende Menschen abzuweisen. Dabei gab es keine strikte Altersgrenze, sondern das Personal sollte nach dem optischen Eindruck entscheiden. Der 44-Jährige und seine 36 und 46 Jahre alten Begleiter mussten draußen bleiben.

Dafür fordert der Kläger nun 1000 Euro Entschädigung. Er beruft sich auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), hatte damit aber in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das AGG aus dem Jahr 2006 verbietet zwar die Benachteiligung aus unterschiedlichen Gründen, auch wegen des Alters, allerdings nicht in jedem Fall.

Sogenannte Massengeschäfte oder damit vergleichbare Veranstaltungen wie etwa Supermärkte oder Schwimmbäder fallen unter das Verbot. Wenn sie für alle offen sind, müssen grundsätzlich auch alle hinein dürfen. In anderen Fällen aber können Unternehmer durchaus den Zutritt beschränken.

So zeigte etwa das Berufungsgericht, das Landgericht München, im fraglichen Fall Verständnis für den Veranstalter: Gerade Musikveranstaltungen hätten oft ein „homogenes Publikum“, das unter sich bleiben wolle. Dies sei maßgeblich für den Erfolg einer Veranstaltung, weswegen das Landgericht die Abweisung des Klägers von der Vertragsfreiheit gedeckt sah.

Der Anwalt des Veranstalters sagte am Donnerstag vor dem BGH, dass das Vorgehen Teil des wirtschaftlichen Konzepts gewesen sei. Zu erkennen sei das schon daran, dass es keinen Vorverkauf von Tickets gegeben habe, also keine Möglichkeit, anonym Zugang zu bekommen.

Der Vertreter des Klägers argumentierte dagegen, dass die Diskriminierung wegen des Alters im Gesetz anderen Kriterien wie etwa Geschlecht oder „Rasse“ gleichgestellt sei. Die Leitsätze, die der BGH formuliere, müssten darum auch mit diesen anderen Kriterien zu vertreten sein.

Der Senat selbst gab noch nicht zu erkennen, in welche Richtung er entscheiden könnte. Zwar tendiere er dazu, dem Berufungsgericht in seiner Einschätzung zu folgen, dass das Festival kein Massengeschäft gewesen sei, sagte der Vorsitzende Richter Rüdiger Pamp. Ob die Veranstaltung aber damit vergleichbar sei, müsse noch geklärt werden. Wenn es so wäre, stelle sich die Frage, ob eine unterschiedliche Behandlung des Publikums dennoch gerechtfertigt gewesen sei.

Der ein oder andere möge sich fragen, ob der verwehrte Eintritt bei einem Festival denn so schlimm sei, sagte Pamp. Andererseits könne das Merkmal „Alter“ auch gegen ein anderes eingetauscht werden. „Das hätte vielleicht eine ganz andere Sprengkraft“, sagte der Richter. Die Entscheidung des BGH soll am 5. Mai verkündet werden.

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