Myanmarer protestieren mit Hackerangriffen und Autoblockaden gegen Militärjunta

Cyberangriff
Cyberangriff

Die Demonstranten in Myanmar haben sich auf neue Formen des Protests gegen die Militärjunta verlegt: Am Donnerstag griff eine Gruppe namens „Myanmar-Hacker“ nach eigenen Angaben die Websites der Zentralbank, der PR-Abteilung der Armee, der Hafenverwaltung, der Regulierungsbehörde für Nahrungsmittel und Medikamente sowie des staatlichen Senders MRTV. In Rangun blockierten zahlreiche Autofahrer die Straßen, um die Sicherheitskräfte am Durchkommen zu hindern. Der internationale Druck auf die Militärjunta steigt derweil.

„Wir kämpfen für Gerechtigkeit in Myanmar“, erklärte die Hacker-Gruppe auf ihrer Seite im Onlinenetzwerk Facebook. Sie bezeichnete ihre Cyberangriffe als „Massenprotest vor den Websites der Regierung“. Die staatliche Zeitung „New Light of Myanmar“ bestätigte die Cyberattacken. 

Seit dem Militärputsch vom 1. Februar finden in dem südostasiatischen Land Massenproteste gegen die Junta statt. In der größten Stadt des Landes Rangun waren die Straßen am Donnerstagmorgen zur Hauptverkehrszeit verstopft von scheinbar liegen gebliebenen Autos, Bussen, Lastwagen und Taxen. 

„Wir nehmen an der ‚Kampagne der Autopannen‘ teil, weil wir die (Staatsbediensteten) unterstützen wollen und weil wir stolz auf sie sind“, sagte der Lkw-Fahrer Phoe Thar der Nachrichtenagentur AFP. In den vergangenen Tagen waren unter anderem Fluglotsen, Lehrer, Ärzte und Eisenbahner in den Streik getreten. 

Tausende Demonstranten drängten sich an den großen Kreuzungen der Stadt und zeigten den Drei-Finger-Gruß, der zum Symbol der Proteste geworden ist. Sie skandierten: „Fahrt nicht ins Büro! Schließt euch der Bewegung des zivilen Ungehorsams an!“ Ein Mönch hielt ein Schild mit der Aufschrift „Wir brauchen die US-Armee, um unsere Situation zu retten“.

In der zweitgrößten Stadt des Landes, Mandalay, kam es ebenfalls zu Spannungen. Polizei und Militär lösten laut Augenzeugen in der Nacht zu Donnerstag eine Gruppe von Demonstranten auf, die den Zugverkehr behinderten. Dabei setzten die Sicherheitskräfte nach Angaben eines Rettungsdienstmitarbeiters auch Schusswaffen ein. Ob es sich dabei um Gummigeschosse oder scharfe Munition handelte, war unklar. In der Hauptstadt Naypyidaw setzte die Polizei Wasserwerfer ein. 

Am Donnerstagmorgen wurden nach Angaben aus Ministeriumskreisen elf Mitarbeiter des Außenministeriums wegen Beteiligung an den Protesten in Gewahrsam genommen. Ein Polizist, der anonym bleiben wollte, berichtete von mindestens 50 festgenommenen Beamten in den vergangenen vier Tagen. 

In der Nacht zum Donnerstag wurde zudem zum vierten Mal in Folge die Internetnutzung stark eingeschränkt. Die Verbindungen sanken nach Angaben der Organisation Netblocks auf rund 20 Prozent des üblichen Niveaus.

Die Außenminister der USA, Indiens, Japans und Australiens forderten die Militärjunta in Myanmar am Donnerstag „dringend“ zu einer Rückkehr zur Demokratie auf. Großbritannien verhängte Sanktionen gegen drei hochrangige Generäle in Myanmar, darunter die Spitzen des Verteidigungs- und des Innenministeriums. Zudem sei geplant, die Zusammenarbeit britischer Unternehmen mit der Militärjunta zu unterbinden, erklärte das Außenministerium. Auch Kanada sanktionierte neun Verantwortliche in Myanmar. In der vergangenen Woche hatten bereits die USA Strafmaßnahmen gegen die Militärführung in dem südostasiatischen Land verhängt.

Der Chef von Human Rights Watch, Kenneth Roth, sagte, das Wichtigste im Kampf gegen die Junta sei das Anziehen der finanziellen Daumenschraube: „Das Hauptproblem ist das finanzielle. Deshalb müsse der nächste Schritt sein, die Unternehmen zu verfolgen, die das Militär besitzt und die es benutzt, um den Putsch und seine Unterdrückung zu finanzieren“, sagte Roth der Deutschen Welle.

Die Angst vor einer erneuten Unterdrückung ist bei vielen Myanmarern nach fast 50 Jahren Militärherrschaft seit der Unabhängigkeit des Landes 1948 groß. Hunderte Menschen wurden seit dem Putsch festgenommen, mehrere bei den Demonstrationen verletzt. Dennoch erfährt die Protestbewegung weiterhin viel Zulauf. 

Die Demonstranten fordern die Rückkehr zur Demokratie und die Freilassung der entmachteten De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi. Sie war im Zuge des Putsches von der Armee festgenommen und unter Hausarrest gestellt worden. 

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