Nigerianerin Ngozi Okonjo-Iweala zur neuen WTO-Chefin gewählt

Ngozi Okonjo-Iweala - Bild: Simone D. McCourtie / World Bank
Ngozi Okonjo-Iweala - Bild: Simone D. McCourtie / World Bank

An der Spitze der WTO steht erstmals eine Frau: Der Allgemeine Rat der Welthandelsorganisation bestimmte am Montag in Genf die Nigerianerin Ngozi Okonjo-Iweala zur neuen Generaldirektorin. Die 66-jährige Ökonomin ist auch die erste Afrikanerin in dem Amt, das vor ihr der Karrierediplomat Roberto Azevêdo innehatte. Eine starke WTO sei für eine Erholung nach der Corona-Pandemie „lebenswichtig“, erklärte die Ex-Finanzministerin.

„Zusammen können wir die WTO stärker, agiler und besser an die heutigen Realitäten angepasst machen“, erklärte die Entwicklungsökonomin Okonjo-Iweala, die auf eine lange  Weltbankerfahrung zurückblickt. Fokussieren will sie sich darauf, dass die Mitgliedsländer im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie nicht zusätzlich noch durch Handelshemmnisse und wachsenden Protektionismus ausgebremst werden. Die Nigerianerin ist auch Vorsitzende der weltweiten Impfallianz Gavi und war im Juli zur Sondergesandten der Afrikanischen Union für den Kampf gegen die Corona-Pandemie auf dem Kontinent ernannt worden.

Die WTO mit Sitz in Genf gehört neben dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank zu den wichtigsten internationalen Organisationen in der Wirtschaftspolitik. Sie soll vor allem ein Forum für Verhandlungen zum Abbau von Zöllen sowie anderen Handelshemmnissen bieten und überwachen, ob internationale Handelsabkommen eingehalten werden.

Zuletzt war die WTO aber zunehmend unter Druck geraten. So ist die Berufungsinstanz des Streitbeilegungsmechanismus der Organisation wegen einer Blockade der USA nicht funktionsfähig; Washington hatte unter Präsident Donald Trump zudem sogar damit gedroht, die WTO zu verlassen.

Unter Trump favorisierten die USA zunächst die Südkoreanerin Yoo Myung Hee als Nachfolgerin Azevêdos, der Ende August vorzeitig aus dem Amt geschieden war. Nach dem Amtsantritt von Joe Biden im Weißen Haus zog sich die Südkoreanerin dann Anfang Februar aus dem Rennen um dem WTO-Chefposten zurück – und machte damit den Weg für Okonjo-Iweala frei. 

Die Ernennung Okonjo-Iwealas zur WTO-Chefin sei ein „Befreiungsschlag für dringend notwendige Reformen“, erklärte Wolfgang Niedermark, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI). Zugleich sei die Einigung auf Okonjo-Iweala „ein Hoffnungszeichen für den internationalen regelbasierten Handel“.

Die Neubesetzung biete die Chance, „wieder klare Wettbewerbsregeln von den Mitgliedern einzufordern und die in den vergangenen Jahren zugenommenen Handelsspannungen zu entschärfen“, erklärte Niedermark. Die neue WTO-Generaldirektorin habe „keine Schonfrist‘ und müsse sich zügig um zahlreiche Baustellen kümmern. „Es braucht jetzt mutige Schritte, um die Welthandelsorganisation aus der tiefsten Vertrauenskrise seit ihrer Gründung zu ziehen“, erklärte er. 

Die Leiterin des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft, Lisandra Flach, nannte die Wahl eine „einzigartige Chance“. Nach den schwierigen Trump-Jahren bestehe nun die Gelegenheit, die internationalen Verhandlungen über den Handel wiederzubeleben, um ein stabileres System zu erreichen, das nicht auf einseitigen Beziehungen beruhe, erklärte sie in München.

Der Präsident des IfW Kiel, Gabriel Felbermayr, lobte, Okonjo-Iweala sei eine „tatkräftige und erfahrene neue Generaldirektorin“. Dies sei „eine wichtige Voraussetzung, um die drohende Irrelevanz der WTO abzuwenden“. Okonjo-Iweala müsse eine Reform der WTO schaffen, die „mit geostrategischen Rivalitäten und Systemwettbewerb umgehen“ könne.

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