In Österreich sind am Montag Lockerungen des seit sechs Wochen geltenden Corona-Lockdowns in Kraft getreten. Geschäfte, Friseursalons und Kosmetikstudios dürfen wieder öffnen – allerdings gelten verschärfte Abstandsregeln. Sorge bereitet den Behörden die Ausbreitung der zuerst in Südafrika entdeckten Corona-Variante in Tirol. Die Regierung in Wien sprach am Montag eine Reisewarnung für das Bundesland aus. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) brachte eine Grenzschließung ins Spiel.
Neue Abstandsregeln sollen das Shoppen in Österreich Corona-sicher machen: Im Einzelhandel ist jetzt nur noch ein Kunde je 20 statt bisher je 10 Quadratmeter zugelassen, bei körpernahen Dienstleistungen sind 10 Quadratmeter je Kunde vorgeschrieben.
Beim Besuch von Friseuren, Kosmetikstudios oder Masseuren muss zudem ein negativer Corona-Test vorgelegt werden, der nicht älter als 48 Stunden sein darf – eine Regelung, die am Montag zu langen Schlangen vor den Apotheken führte.
Die Friseursalon-Betreiberin Susanne Schreiber zeigte sich „erleichtert“ darüber, ihren Laden wieder öffnen zu dürfen, äußerte jedoch zugleich die Angst, dass sich viele Kunden von der Testpflicht abschrecken lassen könnten. Im Vorfeld der Lockerungen hatte die Branche gewarnt, dass es vor allem auf dem Land nicht genug Testmöglichkeiten gebe.
In Wien schien die Testpflicht am Montag viele Friseurkunden nicht zu stören. Sie sei „sehr, sehr“ froh, einen Termin bei ihrem Friseur bekommen zu haben, sagte die 49-jährige Martine. Sich für den Friseurbesuch einem Corona-Test unterziehen zu müssen, sei für sie kein Problem. Sie tue dies ohnehin regelmäßig vor Besuchen bei ihren Eltern, die zur „Risikogruppe“ gehörten.
Auch der Kunde Roger Hackstock sagte, er halte die Test-Regelung für vernünftig. Auf diese Weise könne verhindert werden, dass die Corona-Fälle erneut zunähmen.
Während von den neuen Lockerungen in Österreich auch Museen, Bibliotheken und Zoos profitieren, bleiben Restaurants und Hotels noch bis Ende des Monats geschlossen. Auch eine landesweite nächtliche Ausgangssperre bleibt vorerst in Kraft.
In Niederösterreich und Wien haben die Schulen wieder im Präsenzunterricht geöffnet, im Rest des Landes sind noch Ferien. Privat dürfen sich seit Montag wieder bis zu vier Erwachsene aus zwei Haushalten treffen.
Trotz der wochenlangen Einschränkungen geht die Zahl der täglichen Neuinfektionen in Österreich nur langsam zurück. Derzeit werden täglich gut tausend neue Ansteckungsfälle verzeichnet. Die Regierung in Wien hat angekündigt, die Maßnahmen wieder zu verschärfen, sollten die Fallzahlen erneut nach oben schnellen.
Besorgt blicken die Behörden derzeit vor allem nach Tirol, wo die in Südafrika entdeckte Corona-Mutante grassiert. Von einer zunächst im Raum stehenden Abriegelung des bei Skifahrern beliebten Bundeslandes sah die Regierung in Wien am Montag ab. Stattdessen sprach sie eine Reisewarnung für Tirol aus und appellierte an die Menschen, nicht zwingende Reisen dorthin zu unterlassen.
Bayerns Ministerpräsident Söder kündigte angesichts der Lockerungen in Österreich eine massive Verstärkung der Grenzkontrollen zu dem Nachbarland an. Bayern sei sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) darüber einig, dass dies auf deutscher Seite nötig sei, sagte er dem „Münchner Merkur“ (Dienstagsausgabe). Jeglicher Grenzverkehr aus touristischen Gründen oder zum Einkaufen müsse unterbleiben. „Mit Grenzkontrollen und Schleierfahndung wird das dichter kontrolliert. Sollte die Gefahr wachsen, dürfen auch Grenzschließungen zu Tirol kein Tabu sein“, sagte Söder.
Die Lockerungen in Österreich trotz der relativ hohen Inzidenz nannte Söder „diskussionswürdig“. „Das kann innerhalb weniger Wochen zu einem neuen Lockdown führen und wäre genau das, was wir alle nicht wollen: ein Stop and Go.“