Zum zweiten Mal binnen zwölf Monaten spielen die Widersacher Chuck Schumer und Mitch McConnell zentrale Rollen in einem Impeachment-Prozess gegen Donald Trump – jetzt aber mit vertauschten Rollen. Als neuer Senats-Mehrheitsführer hat der Demokrat Schumer die Verfahrenszügel in der Hand. Der Republikaner McConnell wiederum – einst Mehrheits- und jetzt Minderheitsführer – muss einen schwierigen Balanceakt meisten. Die beiden Rivalen im Porträt:
Schumer
Der Aufstieg zum Mehrheitsführer des Senats ist eine große Genugtuung für Schumer. Denn als Minderheitsführer hatte der 70-jährige Senator aus Brooklyn über Jahre einen schweren Stand: McConnell ließ Initiativen der Demokraten eiskalt abblitzen. Im Amtsenthebungsverfahren gegen Trump wegen der Ukraine-Affäre versuchte Schumer unter anderem, Zeugen vorzuladen, biss sich aber an der Republikaner-Mehrheit die Zähne aus.
Jetzt ist Schumer Herr des Verfahrens, mit der Mehrheit der Demokraten im Rücken steuert er den Ablauf des Prozesses. Zu verdanken hat er seine mächtige Position zwei sensationellen Stichwahlerfolgen seiner Partei im Bundesstaat Georgia im Januar. Die Demokraten entrissen damit den Republikanern die Senatsmehrheit.
Zwar stellen beide Parteien jeweils 50 Senatoren; in Patt-Situationen gibt aber Vizepräsidentin Kamala Harris in ihrer Rolle als Senatspräsidentin den Ausschlag. Deswegen haben die Demokraten faktisch die Mehrheit – und stellen mit Schumer den Mehrheitsführer.
Der erfahrene Taktierer mit der Hornbrille wird damit auch eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der Reformagenda von Präsident Joe Biden spielen. Er muss die denkbar knappe Mehrheit im Senat zusammenhalten, damit Gesetze den Kongress passieren können.
Der Jura-Absolvent der Elite-Universität Harvard, der 1999 nach knapp zwei Jahrzehnten im Repräsentantenhaus in den Senat einzog, will auch mit den Republikanern zusammenarbeiten. Er dürfte aber keine Gewissensbisse haben, seine Macht und Mehrheit auszuspielen. Zu sehen ist das derzeit bei Bidens neuem Corona-Hilfspaket, das notfalls auch gegen den Widerstand der Republikaner beschlossen werden soll.
Zunächst aber steht der Impeachment-Prozess gegen Trump an. Ein Fauxpas unterlief Schumer schon im Vorfeld: Bei einer Rede im Senat sprach er anstelle von Anstiftung zum „Aufruhr“ von Anstiftung zur „Erektion“ – die englischen Wörter insurrection und erection liegen sehr nahe beieinander.
Doch auch ohne weitere Versprecher wird Schumer große Mühe haben, eine Verurteilung Trumps zu erreichen: Für einen Schuldspruch ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig, 17 Republikaner müssten sich deswegen den Demokraten anschließen. Vermutlich glaubt auch Schumer nicht wirklich daran, dass das geschehen wird.
McConnell
Mit sein Abstieg vom Mehrheits- zum Minderheitsführer hat McConnell zwar viel Macht verloren – beim Impeachment-Prozess wird er trotzdem enormes Gewicht haben. Denn es werden letztlich die republikanischen Senatoren sein, die über Verurteilung oder Freispruch für Trump entscheiden. Und sie werden sehr genau beobachten, wie sich der einflussreiche Strippenzieher McConnell positioniert.
Der 78-Jährige aus dem Bourbon-Whiskey-Staat Kentucky hat zuletzt einen schwierigen Balance-Akt versucht. In den vergangenen Monaten hat er sich immer mehr von Trump abgegrenzt.
Er hat Biden als Wahlsieger bezeichnet, als der abgewählte Trump immer noch mit bizarren Wahlbetrugsvorwürfen gegen seine Niederlage ankämpfte. Und er hat den Ex-Präsidenten direkt für die Kapitol-Erstürmung vom 6. Januar verantwortlich gemacht. „Der Mob wurde mit Lügen gefüttert“, sagte McConnell Mitte Januar, er sei „vom Präsidenten und anderen mächtigen Menschen“ angestiftet worden.
Der als zynischer Machtpolitiker verrufene Politik-Veteran weiß aber auch, wie groß Trumps Rückhalt bei großen Teilen der Partei und bei der Basis immer noch ist. Und er weiß, dass ihn die Wut des rechten Lagers mit voller Wucht treffen würde, sollte er für eine Verurteilung Trumps stimmen.
„Ich habe noch keine endgültige Entscheidung getroffen, wie ich abstimmen werde“, ließ McConnell Mitte Januar verlauten. Er wolle sich in dem Verfahren die „rechtlichen Argumente“ anhören. Zwei Wochen später stimmte er gleichwohl für einen Antrag eines Parteifreundes, den Prozess als verfassungswidrig abzuschmettern.
Große Sympathien für Trump hat McConnell nie gehegt. Beide gingen aber in Trumps Regierungsjahren eine mächtige Symbiose ein: Der Senator konnte mit Hilfe des Präsidenten eine konservative Agenda durchsetzen. Im Gegenzug hielt er dem Staatschef im Kongress den Rücken frei.
Jetzt würde McConnell die Partei gerne aus dem Griff des Rechtspopulisten lösen. Eine Verurteilung Trumps und eine mögliche Ämtersperre könnte ihm dabei zwar zugute kommen. Doch das Risiko für ihn, sich so offen gegen Trump zu stellen, wäre groß – vermutlich zu groß. „Lasst euch nichts vormachen“, schrieb die „Washington Post“ kürzlich. „Mitch McConnell wird nie für eine Verurteilung Trumps stimmen.“