Sozialverbände und Opposition halten Corona-Hilfen für unzureichend

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Sozialverbände und die Opposition haben die von der Regierungskoalition beschlossenen Milliardenhilfen für Familien und Geringverdiener in der Corona-Pandemie als unzureichend kritisiert. Sie werteten vor allem den Corona-Zuschuss von 150 Euro für Hartz-IV-Empfänger als zu niedrig. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband lobte die verlängerte Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie. In der Koalition zeigten sich erneut unterschiedliche Auffassungen über den Umgang mit der Schuldenbremse.

Die Spitzen von CDU, SPD und CSU hatten sich am Mittwochabend beim ersten Koalitionsausschuss im Superwahljahr auf ein weiteres Hilfspaket in der Corona-Krise verständigt. Zur Unterstützung von Familien soll es einen einmaligen Kinderbonus von 150 Euro geben, im vergangenen Jahr erhielten Familien schon einmal 300 Euro. Zudem sollen nun auch Grundsicherungsempfänger einen einmaligen Corona-Zuschuss von ebenfalls 150 Euro erhalten.  

Unternehmen will die Koalition in der Pandemie bei der Steuer entlasten. Sie können nun Verluste in den Pandemie-Jahren 2020 und 2021 in größerem Umfang mit Gewinnen der Vorjahre verrechnen – und müssen so weniger Steuern zahlen. Der so genannte Verlustrücktrag soll dafür verdoppelt werden. 

Die Koalition vereinbarte zudem, den verringerten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent für Speisen in der Gastronomie bis Ende 2022 zu verlängern. Der Kulturbereich soll eine weitere Milliarde Euro bekommen. 

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte eine rasche Umsetzung der Corona-Hilfen für Bedürftige an. Bereits am kommenden Mittwoch wolle er voraussichtlich den Entwurf für ein drittes Sozialschutzpaket ins Kabinett einbringen, sagte Heil. 

Kritik gab es nach dem Treffen vor allem an den geplanten Corona-Zuschlägen. Eine Einmalzahlung von 150 Euro für Empfänger von Grundsicherungsleistungen sei „absolut unzureichend“, erklärte der Paritätische Wohlfahrtsverband. „Nötig wäre stattdessen ein monatlicher Zuschuss für die Dauer der Krise, um die Corona-bedingten Mehrbelastungen auch nur annähernd auszugleichen.“ 

Linken-Chefin Katja Kipping warf Union und SPD vor, sie handelten „zu spät und dann auch noch halbherzig“. Zusätzliche Kosten in der Pandemie etwa für Hygieneartikel oder ausgefallene Schulverpflegung fielen nicht nur einmalig an. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt kritisierte, eine „mickrige Einmalzahlung“ sei eine „herbe Enttäuschung“. 

Die Gewerkschaften begrüßten die Beschlüsse zwar grundsätzlich, forderten aber Nachbesserungen. „Die Höhe dieser Hilfen ist insgesamt viel zu gering“, erklärte das Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Anja Piel. Der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke forderte, es dürfe nicht bei einem einmaligen Zuschuss bleiben. 

Die Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie bezeichnete der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) als „richtig, wichtig und mutmachend“. Die Verlängerung schaffe Perspektiven für die notleidenden Restaurants und lasse „Hoffnung und Vertrauen in die Zukunft wachsen“, erklärte Dehoga-Präsident Guido Zöllick. 

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) nannte die zusätzliche Milliardenhilfe für die Kulturbranche ein „Signal der Solidarität mit den Kreativen und der Wertschätzung der Kultur“. Es gebe auch „ein Zeichen der Hoffnung und der Ermutigung in die in ihrem Lebensnerv getroffene Kulturszene“. 

Angesichts der Milliardenhilfen in der Corona-Pandemie zeigten sich erneut unterschiedliche Vorstellungen bei Union und SPD zum Umgang mit der Schuldenbremse. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) forderte ein Festhalten an der im Grundgesetz festgeschriebenen Vorgabe. „Unsere Idee ist Rauswachsen aus der Krise und nicht Rausverschulden aus der Krise“, sagte Brinkhaus im „Morgenmagazin“ der ARD. 

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans hingegen bekräftigte seine Skepsis. Er habe „immer zu denen gehört, die gesagt haben, dass die Schuldenbremse einen Webfehler hat“, sagte er in der ARD. Dieser Fehler bestehe darin, „dass sie Investitionen in die Zukunft, die ja auch etwas bringen für die nächsten Generationen, im Zweifel unmöglich macht“.

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