Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) plädiert für eine Lockerung der Corona-Beschränkungen noch vor dem Frühjahr. „Wir können nicht den ganzen Winter in diesem harten Lockdown bleiben“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Donnerstag. Bei den Lockerungen seien „auf jeden Fall zuerst Kitas und Schulen dran“. Die deutschen Intensivmediziner forderten eine Verlängerung der harten Anti-Corona-Maßnahmen um mindestens zwei Wochen.
Der derzeitige harte Corona-Lockdown ist vorerst bis zum 14. Februar befristet. Bei einer Konferenz am Mittwoch kommender Woche wollen Bund und Länder über das weitere Vorgehen entscheiden. Die Corona-Infektionszahlen in Deutschland gehen seit Wochen zurück, allerdings ist die Furcht vor einer Ausbreitung hochansteckender Virus-Varianten in Deutschland groß.
Spahn nannte die Infektionszahlen „ermutigend“. Er ließ aber offen, ob Lockerungen bereits ab Mitte Februar kommen könnten. Es lasse sich „noch nicht abschließend sagen, wo wir am 14. Februar stehen“. Vor dem Treffen in der kommenden Woche werde das Robert Koch-Institut erste Ergebnisse zur Verbreitung der Mutanten mitteilen. „Wir brauchen einen verantwortungsvollen Übergang vom Lockdown in einen neuen Normalzustand“, betonte Spahn.
Auf die Frage, ob Lockerungen erst bei einem Inzidenzwert unter 50 möglich seien, sagte er: „Im Zweifel müssen wir sogar noch weiter runter mit den Zahlen.“ Die Stufenpläne, die in manchen Bundesländern erarbeitet werden, halte er für klug. Ein solches Konzept hatte die Landesregierung von Schleswig-Holstein vorgelegt: Es sieht bestimmte Änderungen bei Sieben-Tage-Inzidenzen von 100, 50 und 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner vor.
Der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Gernot Marx, sagte dem Nachrichtenportal t-online: „Ich plädiere nicht für eine unendliche Verlängerung des Lockdowns.“ Aber es sei zwingend erforderlich, „dass wir die geltenden Maßnahmen mindestens um zwei Wochen verlängern“. Ende Februar solle es dann eine weitere Überprüfung geben.
Bis Ostern werde es „sehr ernst“ bleiben. Die Intesivmediziner machten sich „sehr große Sorgen“, dass es aufgrund der Mutationen eine dritte Welle geben könne. „Wenn die beginnt, bevor wir die zweite Welle hinter uns gebracht haben, ist das erneut eine zusätzliche extreme Belastung für die Krankenhäuser.“
Auch FDP-Chef Christian Lindner verwies auf den Kieler Stufenplan an. „Wir können und müssen ein öffentliches Leben auch mit dem Virus in einer nicht vollständig geimpften Gesellschaft ermöglichen“, sagte er dem „Münchner Merkur“. „Regional sollten in Landkreisen mit geringem Pandemiegeschehen zuerst Kitas und Grundschulen, dann Handel und Gastronomie mit Schutzregeln wieder öffnen.“
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sprach sich für einen bundeseinheitlichen Stufenplan aus. „Schulen brauchen jetzt endlich eine klare Strategie und einen bundesweit einheitlichen, verlässlichen Stufenplan“, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe der Düsseldorfer „Rheinischen Post“.