Unabhängigkeitsbefürworter bauen Mehrheit bei Regionalwahl in Katalonien aus

Katalonien
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Bei der Regionalwahl in der spanischen Region Katalonien haben die Unabhängigkeitsbefürworter am Sonntag ihre Mehrheit ausgebaut. Drei Parteien, die für die Loslösung von Madrid eintreten, konnten nach Auszählung von fast allen Stimmen mit 74 von 135 Sitzen im Regionalparlament rechnen. Die Sozialisten wurden stärkte Kraft. Sie können mit 33 Sitzen rechnen – haben aber keine Aussichten auf die Bildung einer Regierung.

Die Zentralregierung in Madrid hatte auf eine Ablösung der in Barcelona regierenden Pro-Unabhängigkeitsparteien JxC und ERC durch den Sozialisten Salvador Illa gehofft. Stattdessen kommt die separatistische Partei „Zusammen für Katalonien“ (JxC) voraussichtlich auf 32 Sitze, die moderatere ERC auf 33 und die radikale CUP auf neun Sitze.

Eine Dreier-Koalition der Unabhängigkeitsbefürworter hätte damit vier Sitze mehr als die bisherige zerstrittene Koalition aus JxC und ERC. Beide Parteien hatten diese Woche bereits ausgeschlossen, eine Koalition mit den Sozialisten zu bilden. 

Die Sozialisten, die gegen eine Abspaltung der Region im Nordosten des Landes sind, lagen zwar mit mehr als 23 Prozent knapp in Führung und konnten ihr Ergebnis mit 33 Sitzen fast verdoppeln. Ihr Ziel, die regierenden Pro-Unabhängigkeitsparteien in Barcelona abzulösen, verfehlten sie aber.

Gute Aussichten auf den Posten des Regierungschefs hat nun der Spitzenkandidat der ERC, der 38-jährige Jurist Pere Aragonés. „Wir haben ein Unternehmen des (spanischen) Staates, um die Separatisten aus den Institutionen zu werfen, gestoppt“, sagte der Politiker nach Bekanntgabe der Ergebnisse. 

Rund 5,5 Millionen Menschen waren am Sonntag aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die Wahlbeteiligung fiel auf ein Rekordtief, vor allem wegen der angespannten Corona-Situation in der Region. Nur 54,4 Prozent der Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab. Bei der vorherigen Wahl waren es fast 80 Prozent gewesen. In der Frage der Unabhängigkeit sind die Katalanen zutiefst gespalten: In den jüngsten Meinungsumfragen waren fast 50 Prozent gegen eine Unabhängigkeit von Spanien, rund 45 Prozent befürworteten sie. 

Noch im Januar hatte die amtierende Regionalregierung versucht, den Urnengang wegen der beständig hohen Zahl von Corona-Neuinfektionen auf den 30. Mai zu verschieben. Das oberste katalanische Gericht verhinderte dies.

Im Herbst 2017 hatte die Regionalregierung Madrid herausgefordert und nach einem Verfassungsreferendum die Unabhängigkeit Kataloniens ausgerufen. Der in der Nachkriegsgeschichte Spaniens beispiellose Vorstoß endete mit einer vollständigen Niederlage: Madrid griff hart durch, ließ die Verantwortlichen inhaftieren, setzte die Regionalregierung ab und den weitreichenden Autonomiestatus für das reiche Katalonien aus. Der Kopf der Bewegung, Puigdemont, floh vor der spanischen Justiz ins Exil nach Belgien.

Seit der Sozialist Pedro Sánchez 2018 in Madrid die Konservativen an der Macht ablöste, hat sich der Konflikt zwischen Madrid und Barcelona etwas beruhigt.

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