Vorzeitige und teils kriminelle Corona-Impfungen: Vom Landrat über den Bischof zum Polizisten und Bürgermeister

Impfung - Bild: Nodar via Twenty20
Impfung - Bild: Nodar via Twenty20

Mal heißt es, der Corona-Impfstoff hätte sonst weggeschmissen werden müssen, mal gibt es eine andere Entschuldigung, in anderen Fällen ist es schlicht Diebstahl: Es häufen sich Fälle, bei denen Menschen geimpft werden, die noch gar nicht an der Reihe waren. Die wachsende Liste geht über Landräte zu Bürgermeistern, einem Bischof, Polizisten und Managern. Eine Übersicht:

BISCHOF Bertram Meier in Augsburg wurde bereits geimpft, obwohl er erst 60 Jahre alt ist. Das Bistum erklärte allerdings, Bischof Meier sei regelmäßig als Seelsorger in Pflegeeinrichtungen und damit für eine frühzeitige Impfung vorgesehen. Kritik gibt es trotzdem, vielleicht hatte Meier es geahnt. „Wir haben ganz schön Zoff um den Stoff“, sagte er Freitag in seinem Videoblog über den Impfstoff.

LANDRÄTE sind inzwischen in einer ganzen Reihe von Fällen vorzeitig geimpft. In Peine in Niedersachsen, im Saalekreis und in Wittenberg in Sachsen-Anhalt sowie im bayerischen Kreis Donau-Ries. Der Wittenberger Landrat Jürgen Dannenberg (Linke) wurde dabei bereits vor dem offiziellen Impfstart am zweiten Weihnachtstag geimpft. Er habe bei einem Testlauf übrig gebliebenen Impfstoff erhalten, entschuldigte sich Dannenberg – auch andere Landräte gaben an, dass es sich um Impfungen handelte, die sonst entsorgt worden wären.

OBERBÜRGERMEISTER Bernd Wiegand aus Halle an der Saale erhielt nach eigenen Angaben auch übrig gebliebenen Impfstoff. Die Kritik an dem parteilosen Stadtchef ihm ist besonders groß, weil der 63-Jährige selbst offensiv von den Bürgern seiner Stadt Solidarität und das Einhalten der Impfverordnung gefordert hatte. In Halle wurden auch noch zehn Stadträte vorzeitig geimpft, was die Kritik der Bevorzugung von Politikern noch untermauerte.

POLIZISTEN in Stendal in Sachsen-Anhalt bekamen in mehr als 300 Fällen außer der Reihe und entgegen der Vorgaben eine Impfung. Das Landratsamt erklärte dies mit einem Testlauf für dezentrale Impfstellen. Berechtigten Menschen soll damit kein Impfstoff vorenthalten worden sein. In vielen anderen Gemeinden wurden auch Polizisten vorzeitig geimpft, nämlich dann, wenn Impfstoffe aus angebrochenen Ampullen sonst vernichtet worden wären.

IMPFDRÄNGLER ist ein Begriff, der inzwischen vielerorts verwendet wird. Dabei geht es um Fälle im Schatten der besonders prominenten vorzeitigen Impfungen. Stadträte, Beigeordnete, oft auch Verwaltungsmanager von Kliniken ließen sich impfen, ohne an der Reihe zu sein. In Niedersachsen sorgte dies nach Fällen in mehreren Krankenhäusern für Forderungen aus der Landespolitik, in der Impfverordnung des Bundes auch kostenpflichtige Ordnungswidrigkeiten bei Verstößen zu regeln. Im hessischen Reinhardshausen wurden zwei Klinikleiter von der Arbeit freigestellt, weil sie Personal Vakzine vorenthalten und für sich selbst genutzt haben sollen.

IMPFSTOFFDIEBE sind ein ebenfalls vereinzelt auftretendes Phänomen. Der bekannteste Fall wurde der eines Arztes im Ruhestand, der als Impfhelfer in Hamburg eine Spritze aufgezogen und für seine wartende Frau entwendet haben soll. Während dieser Fall rasch geklärt wurde, ist der Verbleib von entwendeten Impfstoffen in Hamm und Erding noch unklar.

Anzeige



Anzeige

Avatar-Foto
Über Redaktion des Nürnberger Blatt 44272 Artikel
Hier schreiben und kuratieren die Redakteure der Redaktion des Nürnberger Blatt