Angesichts einer möglichen Verlängerung des internationalen Truppen-Einsatzes in Afghanistan wächst in Berlin die Sorge um die Sicherheit der Bundeswehr. „Eine Verlängerung der Präsenz der Nato über den April hinaus kann zu einer höheren Gefährdung unserer Soldaten führen“, sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums der ARD. Das Verteidigungsministerium bestätigte am Freitag Verhandlungen mit dem Auswärtigen Amt über eine Verlängerung des Afghanistan-Mandats der Bundeswehr.
Die Bundeswehr ist im Norden von Afghanistan für eines von fünf Nato-Gebieten zuständig. Sie stellt mit rund 1100 Soldaten derzeit das zweitgrößte Kontingent nach der US-Armee, die nach einer deutlichen Truppenreduzierung unter Ex-US-Präsident Donald Trump noch 2500 Soldaten im Land hat. Nach Angaben des ARD-Hauptstadtstudios heißt es in Sicherheitskreisen, eine Verlängerung der Nato-Präsenz könne dazu führen, dass kampfstarke Verstärkung ins deutsche Lager nach Masar-i-Scharif gebracht werden müsse.
Eine politische Entscheidung sei noch nicht gefallen. Der Ball liege zurzeit in Washington: dort müsse die neue US-Regierung entscheiden, ob sie das vor einem Jahr mit der radikalislamischen Taliban-Miliz verhandelte Abzugsdatum 30. April für die internationalen Truppen einhalten wolle oder nicht.
Derzeit liegen demnach mehrere Optionen auf dem Tisch: ein Abzug bis Ende April oder eine Verlängerung des Einsatzes – entweder mit oder ohne Zustimmung der Taliban. Die Aufständischen haben bereits angekündigt, ihren „Kampf und Dschihad“ fortzuführen, sollten die in Afghanistan stationierten Truppen nicht spätestens im Mai abziehen.
Die Bundesregierung will das Ende März auslaufende Afghanistan-Mandat der Bundeswehr verlängern. Wie das Nachrichtenportal „The Pioneer“ unter Berufung auf Regierungs- und Parlamentskreise in Berlin berichtete, soll das neue Mandat aber schon zum Jahresende auslaufen und nicht, wie sonst üblich, nach einem vollen Jahr.
Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums bestätigte der Nachrichtenagentur AFP den Beginn von Verhandlungen mit dem Auswärtigen Amt über eine Fortführung des am 31. März auslaufenden Mandats. Eine Verlängerung sei möglich und vorstellbar, sagte der Sprecher.
Umfang und Inhalt des Einsatzes sollen dem „Pioneer“-Bericht zufolge unverändert bleiben. Bis zu 1300 Soldatinnen und Soldaten sollen mit der Beratung, Ausbildung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte befasst sein.
Die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, sagte dem ARD-Hauptstadtstudio: „Die Bundeswehr muss angesichts der Lage damit rechnen, dass es sehr gefährlich werden könnte“.
Auch bei der Nato sieht man das Risiko: Die 30 Nato-Botschafter beraten laut ARD-Hauptstadtstudio Anfang kommender Woche darüber, welche Maßnahmen für die Sicherheit der internationalen Truppen getroffen werden müssen. Am 17. und 18. Februar treffen sich die Verteidigungsminister der Nato-Länder.
Die verteidigungspolitische Sprecherin der SPD, Siemtje Möller, warnte gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio vor einem überstürzten Rückzug: „Ich möchte gewährleisten, dass wir alles sicher und in Ruhe zurückführen können.“
Die stellvertretende Vorsitzende der Linken, Heike Hänsel, forderte hingegen einen Abzug aus Afghanistan. Die Bundesregierung müsse endlich unabhängig von US-Entscheidungen Verantwortung für die Bundeswehr übernehmen und diese aus dem Land abziehen. „Der Afghanistan-Einsatz ist nach fast 20 Jahren gescheitert, das muss die Bundesregierung endlich eingestehen und die Konsequenzen daraus ziehen“, erklärte die Außenpolitikerin der Linkspartei.