Zahlreiche Russen demonstrieren mit Menschenketten und Lichtern gegen Putin

Kreml, Russland
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Zahlreiche Russen sind am Sonntag dem Aufruf des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny zu kleineren Protesten gegen Staatschef Wladimir Putin gefolgt. Auf dem Arbat, der Flaniermeile in Moskaus historischem Zentrum, stellten sich am Morgen rund 300 Frauen aus Solidarität mit Nawalnys Ehefrau Julia Nawalnaja und festgenommenen Anhängerinnen des 44-Jährigen zu einer Menschenkette auf. Am Abend setzten Bürger landesweit mit Lichtern ein Zeichen.

Die Frauen auf dem Arbat hielten in den Händen ein langes weißes Band. Sie seien am Valentinstag gekommen, um zu zeigen, dass sie „für Liebe und gegen Gewalt“ seien, sagte die 22-jährige Studentin Darja Obraszowa der Nachrichtenagentur AFP. Sie fügte hinzu, sie wolle, dass in Russland „Freiheit und Gerechtigkeit“ herrsche. 

In St. Petersburg fanden sich etwa hundert Frauen vor dem Denkmal für die Opfer politischer Repressionen ein, hielten Blumen in den Händen und zitierten Gedichte der beliebten Poetin Anna Achmatowa. „Nur Liebe kann über das Böse siegen“, sagte die 25-jährige Walerija Stepanowa AFP. Die neuen Kundgebungen erinnern an die Frauen-Proteste im benachbarten Belarus gegen Machthaber Alexander Lukaschenko.

Nach den Massenfestnahmen bei Demonstrationen von Nawalnys Anhängern hatte sein Team alle größeren Kundgebungen vorerst abgesagt. Stattdessen rief es für Sonntag zu neuen und sichereren Formen des Protests auf. Unter anderem sollten Nawalnys Unterstützer am Abend 15 Minuten lang in den Hinterhöfen ihre leuchtenden Handys, Taschenlampen oder Kerzen in den Himmel halten und Bilder davon auf Online-Plattformen stellen.

In einem Video auf der Website Nawalnys war ein Wohnblock mit solchen Lichtern im sibirischen Tomsk zu sehen, in einem Laufband war „Liebe ist stärker als Angst“ zu lesen. Später folgten Bilder und Videos aus zahlreichen Städten im ganzen Land.

Auch in St. Petersburg versammelten sich am Abend Nawalny-Anhänger in kleinen Gruppen, einige tanzten und sangen „Russland wird frei sein“. Auch für Sonntag hatten die Sicherheitskräfte wieder mit Festnahmen gedroht, schritten aber offenbar zunächst nicht ein.

Gegen Nawalnys Inhaftierung sowie gegen Präsident Putin hatte es im Januar und Anfang Februar in ganz Russland Proteste gegeben. Die Behörden gingen mit Härte gegen die Demonstranten vor, mehr als 10.000 Menschen wurden festgenommen.

Nawalny war im vergangenen Jahr nach einem Giftanschlag, für den er die russische Regierung verantwortlich macht, in Deutschland behandelt worden. Bei seiner Rückkehr nach Moskau im Januar war er umgehend festgenommen worden.

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