Mit dem Corona-Impfstoff von Astrazeneca sollen künftig in der Regel nur noch Menschen ab 60 Jahren geimpft werden. Nach der Entscheidung von Bund und Ländern müssen sich die Menschen in Deutschland deshalb auf weitreichende Änderungen der bisherigen Impfkampagne einstellen.
Warum wurde die Altersgrenze eingeführt?
Grund ist das vermehrte Auftreten der sehr seltenen Hirnvenenthrombosen nach Verabreichung der ersten Impfung mit Astrazeneca: Bis Montagmittag wurden dem Paul-Ehrlich-Institut 31 Fälle gemeldet, neun davon waren tödlich. Mit Ausnahme von zwei Fällen betrafen alle Meldungen Frauen im Alter von 20 bis 63 Jahren. Das heißt aber nicht, dass Männer nicht betroffen sind. Denn bisher haben insgesamt relativ viele jüngere Frauen den Astrazeneca-Impfstoff erhalten. Die Mehrzahl der schweren Fälle trat zwischen sieben und 14 Tage nach der Impfung auf.
Woran lassen sich die gefährlichen Nebenwirkungen erkennen?
Wer vier bis 16 Tage nach einer Impfung Symptome wie Kurzatmigkeit, Unterleibsschmerzen oder Schwellungen in Armen oder Beinen entwickelt, sollte unbedingt zum Arzt gehen. Das gilt auch bei starken oder anhaltenden Kopfschmerzen oder punktförmigen Hautblutungen.
Welchen Anteil hat Astrazeneca an den Impfstoffen in Deutschland?
Nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts haben bis Montag 2,7 Millionen Menschen in Deutschland eine Impfung mit Astrazeneca bekommen. Für das zweite Quartal rechnet Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit 15 Millionen Dosen von Astrazeneca, bei 70 Millionen insgesamt.
Bleibt die Regierung bei ihrem Impf-Versprechen?
Ja. Spahn geht wegen der erwarteten Lieferungen weiter davon aus, dass bis zum Ende des Sommers jedem ein Impfangebot gemacht werden kann.
Wer kann jetzt mit Astrazeneca geimpft werden?
Der Impfstoff soll hauptsächlich bei Menschen ab 60 eingesetzt werden. Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) folgt damit einer Empfehlung der „Ständigen Impfkommission“.
Welche Ausnahmen gibt es?
Auch für Menschen unter 60 kommt Astrazeneca weiterhin infrage. Voraussetzung ist dem GMK-Beschluss zufolge, dass sie den Prioritätsgruppen eins oder zwei angehören. Zu Letzterer gehören etwa Menschen, die an Demenz, einem behandlungsbedürftigen Krebs oder Diabetes mit Komplikationen leiden – aber auch Polizisten, die bei Demonstrationen im Einsatz sind.
Wer sich über diese Ausnahmeregelung mit Astrazeneca impfen lassen will, muss dies allerdings mit seinem Arzt besprechen – von dem er dass Vakzin dann auch verabreicht bekommt. Das kann aber noch ein bisschen dauern: Astrazeneca wird voraussichtlich ab Mitte April „sukzessive“ an die Arztpraxen geliefert, heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium.
Bekommen Menschen unter 60 mit einer Astrazeneca-Erstimpfung auch die zweite Dosis von diesem Hersteller?
Sie haben dem GMK-Beschluss zufolge grundsätzlich zwei Optionen zur Auswahl: Entweder sie entscheiden sich in Absprache mit einem Arzt für eine zweite Astrazeneca-Impfung. Oder sie warten ab, wie sich die Stiko zu einer Zweitimpfung mit einem anderen Produkt positioniert. Dazu will sich das Expertengremium bis Ende April äußern.
Den Betroffenen bleibt noch Zeit, weil die Zulassung für die Anfang Februar gestarteten Astrazeneca-Impfungen einen zeitlichen Abstand von bis zu zwölf Wochen zwischen Erst- und Zweitimpfung vorsieht.
Gerät die ganze Impfkampagne jetzt ins Stocken?
Nicht unbedingt. Zwar werden Termine zur Impfung von Menschen unter 60 mit Astrazeneca nun hinfällig – dafür können die 60- bis 69-Jährigen früher drankommen als bislang geplant.
Welche Alternativen zu Astrazeneca gibt es?
Neben den bereits verfügbaren Präparaten von Moderna und Biontech/Pfizer erwartet Spahn für die Woche ab dem 12. April erste Lieferungen des neu zugelassenen Impfstoffs von Johnson & Johnson – zunächst allerdings nur 275.000 Dosen. Dieses Präparat muss im Gegensatz zu den anderen nur einmal geimpft werden. In der Prüfung befinden sich zudem die Vakzine von Curevac, Novavax sowie das russische Präparat Sputnik V.