Beschäftigte sollen leichter Betriebsräte gründen und wählen können

Symbolbild: Arbeit
Symbolbild: Arbeit

Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auch in kleineren Unternehmen sollen künftig leichter einen Betriebsrat gründen können. Das Kabinett beschloss am Mittwoch den Entwurf des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes – es soll die Betriebsratsarbeit allgemein fördern und auch die Wahlen für eine Arbeitnehmervertretung im Betrieb vereinfachen. Betriebsräte erhalten damit zudem ein Initiativrecht für Weiterbildung, wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erklärte. „Wir machen die Betriebsratsarbeit fit für die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt.“

Heil betonte, dass dort, wo Betriebsräte tätig sind, mehr Raum für Innovationen sei, die Arbeitsbedingungen oft besser und wirtschaftliche Erfolge stabiler seien. Krisen könnten besser bewältigt werden. Die Regierung wolle daher sicherstellen, dass die betriebliche Mitbestimmung ihre wichtige Aufgabe auch im Zeitalter der Digitalisierung erfüllen könne.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Zahl der erforderlichen Unterschriften für Wahlvorschläge reduziert und der Anwendungsbereich eines vereinfachten Wahlverfahrens ausgeweitet wird, wie Heils Ministerium erläuterte. Die Altersgrenze für Auszubildende von 25 Jahren – bislang nötig für das aktive und passive Wahlrecht – werde gestrichen. 

Wer zur Wahlversammlung einlädt, ist gegen eine ordentliche Kündigung geschützt – hier sieht das Gesetz laut Ministerium vor, dass die Zahl von drei auf sechs Arbeitnehmer steigt. Zudem werde ein besonderer Schutz gegen ordentliche, verhaltens- oder personenbedingte Kündigungen für diejenigen eingeführt, die ihre Absicht zur Gründung eines Betriebsrats in einer notariell beglaubigten Erklärung dokumentieren und entsprechende Vorbereitungen unternehmen. 

Bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit erhalten Betriebsräte mit dem Gesetz ein Mitbestimmungsrecht und können so für einen einheitlichen und verbindlichen Rechtsrahmen bei mobiler Arbeit eintreten, wie Heils Ministerium weiter mitteilte. Die Rechte eines Betriebsrats bei der Gestaltung von Arbeitsabläufen sollen demnach auch dann gelten, wenn Künstliche Intelligenz (KI) im Betrieb eingesetzt werden soll. 

Bei Fragen der beruflichen Bildung sollen Betrieb und Betriebsrat künftig die Einigungsstelle um Vermittlung anrufen können, wenn sie sich nicht über konkrete Maßnahmen einigen können – ein Einigungszwang besteht aber nicht. 

Der Arbeitsmarktexpertin der Linken, Jutta Krellmann, gehen die Pläne nicht weit genug. Sie forderte „echte Mitbestimmungsrechte“ auch beim Umweltschutz, der beruflichen Weiterbildung, der Arbeitsintensivierung oder auch beim Homeoffice. „Auf das Wohlwollen der Arbeitgeber zu setzen, wie es der aktuelle Gesetzentwurf beim Homeoffice und der beruflichen Weiterbildung vorsieht, ist der falsche Weg“, kritisierte sie.

Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt dagegen begrüßte das geplante Gesetz als „Meilenstein für mehr Mitbestimmung im Handwerk“. In Branchen wie der Bauwirtschaft und der Gebäudereinigung seien Betriebsräte noch immer eine Seltenheit. Gerade in Kleinbetrieben schrecken Beschäftigte vor der Gründung einer Arbeitnehmervertretung zurück – häufig aus Angst vor einer Kündigung oder Ärger mit dem Arbeitgeber, erläuterte die Gewerkschaft. 

Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wurden zuletzt 41 Prozent der Beschäftigten in West- und 36 Prozent in Ostdeutschland von einem Betriebsrat vertreten. In der Bauwirtschaft liegt die Quote laut Gewerkschaft bei lediglich 15 Prozent im Westen und elf Prozent im Osten. 

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