Britische Medien haben die Reaktion der Queen auf das Interview ihres Enkels Prinz Harry und dessen Frau Meghan als Versöhnungsgeste trotz teils verschiedener Sichtweisen interpretiert. Die Königsfamilie reiche dem im Exil lebenden Paar damit einen „Olivenzweig“, schrieb die Zeitung „Metro“ am Mittwoch. „Diese Botschaft war sehr vernünftig, ruhig, großzügig (…) und in einem Geist der Versöhnung“, sagte Hugo Vickers, Autor mehrerer Royals-Biografien, in der BBC.
Das Fernsehinterview von Meghan und Harry mit US-Talkshow-Moderatorin Oprah Winfrey war in den USA am Sonntag (Ortszeit) und in Großbritannien am Montag ausgestrahlt worden. Am Dienstagabend ließ Königin Elizabeth II. eine Erklärung dazu veröffentlichen. Darin hieß es, sie nehme die von Harry und Meghan geäußerten Rassismus-Vorwürfe „sehr ernst“. „Die aufgeworfenen Fragen, insbesondere die, die sich auf Rassismus beziehen, sind besorgniserregend“, erklärte die 94-jährige Monarchin.
Die Zeitung „The Telegraph“ kommentierte, die Wortwahl der Queen lege nahe, „dass die Familie nicht mit allem einverstanden ist, was die Sussexes gesagt haben“. Tatsächlich hatte die Queen erklärt: „Während einige Erinnerungen variieren können, werden sie sehr ernst genommen und in der Familie unter vier Augen besprochen.“
Elizabeth erklärte, sie sei „traurig, das ganze Ausmaß zu erfahren, wie herausfordernd die vergangenen Jahre für Harry und Meghan gewesen sind“. Ihr Enkel und Meghan sowie deren Sohn Archie würden „immer sehr geliebte Familienmitglieder sein“.
Die „Times“ schrieb dazu: „Auch wenn die Erklärung wie erwartet die Liebe der Familie zu Harry und Meghan unterstreicht, ist das Endergebnis entschiedener, als viele es sich vorgestellt hatten.“ Der Palast werde nicht alle Anschuldigungen „unwidersprochen“ hinnehmen. Die Boulevardzeitung „Sun“ wählte das Queen-Zitat „Einige Erinnerungen können variieren“ als Titel, um fortbestehende Differenzen zu betonen.
Meghan hatte in dem Interview gesagt, während ihrer ersten Schwangerschaft habe es im Königshaus mit Blick auf ihr ungeborenes Kind „Sorgen und Gespräche“ darüber gegeben, „wie dunkel seine Haut sein mag, wenn er geboren ist“.
Außerdem schilderte die 39-jährige frühere US-Schauspielerin, dass sie wegen der permanenten negativen Berichterstattung der Medien über sie Suizidgedanken gehabt habe und ein hochrangiger Palast-Vertreter ihr aus Sorge um das Image der Royals dennoch die Inanspruchnahme psychologische Hilfe verwehrt habe. Harry berichtete, dass er sich von seinem Vater Charles „im Stich gelassen“ gefühlt habe.
Der frühere Royals-Korrespondent Peter Hunt bezeichnete im Radiosender BBC die 61 Wörter lange schriftliche Reaktion der Queen als „bloßes Minimum“ in einer Zeit, in der die Royals sich „wahrlich in der Klemme“ befänden. „Meinem Urteil nach war es zu wenig und es war zu spät“, sagte Hunt.
Thronfolger Charles ging am Dienstag bei einem öffentlichen Auftritt nicht auf die Vorwürfe ein. Der „Evening Standard“ berichtete danach jedoch unter Berufung auf eine Quelle im Palast, Charles sei „enttäuscht“ über Harrys und Meghans Äußerungen. „Der Prinz ist stolz auf die Diversität dieses Landes und ist der Ansicht, dass die Diversität der modernen britischen Gesellschaft ihre größte Stärke ist“, sagte die Quelle demnach zu den Rassismus-Vorwürfen.