Bund und Länder planen trotz hoher Inzidenzwerte vorsichtige Öffnung

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Obwohl die Infektionszahlen nicht wie gewünscht sinken, planen Bund und Länder begrenzte Lockerungen der strengen Corona-Auflagen. Die meisten Schutzmaßnahmen sollen allerdings laut einer Beschlussvorlage für das Spitzengespräch am Mittwoch als Regelfall zunächst bis zum 28. März verlängert werden. Bundesfinanzminister Olaf Scholz forderte indessen erneut eine klare Öffnungsperspektive. 

Der Beschlussvorlage zufolge, die AFP am Dienstag vorlag, sollen bereits von Montag an die Kontaktbeschränkungen leicht gelockert werden. Bis zu fünf Menschen aus zwei Haushalten sollen sich dann wieder treffen dürfen, über die Osterfeiertage sollen private Treffen mit bis zu vier „über den eigenen Hausstand hinausgehenden Personen“ möglich sein. Der Entwurf enthält zudem einen Vier-Stufen-Plan für eine schrittweise Öffnung des öffentlichen Lebens.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verwies nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung der Unionsfraktion darauf, dass die deutschen Inzidenzwerte im europäischen Vergleich „vergleichsweise niedrig“ seien. Allerdings mahnte sie demnach auch: „Wir brauchen eine Notbremse, wenn die Zahlen wieder hochgehen.“

Der Beschlussvorlage zufolge kassieren Bund und Länder de facto ihren erst vor drei Wochen gefassten Beschluss, Öffnungen prinzipiell vom Unterschreiten des Inzidenzwerts 35 abhängig zu machen. Darauf drängen vor allem mehrere Landesregierungen. Verwiesen wird zur Begründung auf die zunehmende Verfügbarkeit von Impfstoffen sowie von Schnell- und Selbsttests.

Einem Bericht des Wirtschaftsmagazins „Business Insider“ zufolge wollen Bund und Länder die Lockerungen bis zu einer bundesweiten oder landkreisweiten Inzidenz von unter hundert erlauben. Bleibt die Inzidenz auch nach der Öffnungswelle 14 Tagen stabil sinkend unter hundert, kann ein Land dem Bericht zufolge weitere Lockerungen wie etwa die Öffnung der Außengastronomie mit vorheriger Terminbuchung vornehmen.

Bundesfinanzminister Scholz forderte indessen eine klare Öffnungsperspektive. Er sagte der „Bild“-Zeitung: „Vieles, was im Augenblick zu lesen und zu hören ist, reicht aus meiner Sicht noch nicht aus. Für mich gilt: Ich möchte eine klare Öffnungsstrategie und eine Kombination aus Öffnung und Testung.“ 

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich forderte vor dem Spitzengespräch ein einheitliches Vorgehen. Mit Blick auf die hohen Infektionszahlen mahnte er zudem, bei Lockerungen „sehr behutsam“ vorzugehen. „Es darf kein unkontrolliertes Öffnen geben, sondern ein verantwortungsvolles Öffnen mit Schutz“, warnte auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt.

In der Beschlussvorlage heißt es zu möglichen Ausnahmen von den geltenden Einschränkungen, Bund und Länder wollten „erproben“, wie durch „die deutliche Ausweitung von Tests“ und eine bessere Kontaktnachverfolgung „Öffnungsschritte auch bei höheren Sieben-Tage-Inzidenzen mit über 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner möglich werden“.

Im Geschäftsleben sollen nach den Friseuren demnach als zweiter Schritt bundesweit Buchhandlungen, Blumengeschäfte und Gartenmärkte aufmachen dürfen. Sobald regional der Inzidenzwert stabil unter 35 sinkt, sollen in einem dritten Schritt aber auch Einzelhandel, Museen, Zoos und Sportstätten im Außenbereich unter Auflagen wieder öffnen dürfen. In einem vierten Schritt könnte bei stabilen Inzidenzwerten die Öffnung von Außengastronomie, Theatern, Konzerthäusern und Kinos folgen.

Die Stufen drei und vier könnten laut Vorlage jedoch auch schon in Kraft treten, wenn der Inzidenzwert noch über 35 liegt – dann aber mit deutlichen Einschränkungen und unter Vorbehalt. Über noch weiter gehende Öffnungen – etwa in der Innengastronomie – sollen Kanzlerin und Länderchefs am 24. März beraten.

Die Zahl der Impfungen wollen Bund und Länder baldmöglichst verdoppeln, auch unter Einbeziehung von Hausarztpraxen. Zudem soll es spätestens Anfang April ein bis zwei kostenlose Schnelltests pro Woche nicht nur für Schülerinnen und Schüler sowie für Lehrkräfte und Erziehungspersonal geben, sondern auch für Beschäftigte von Unternehmen. Alle anderen Bürger sollen sich ein bis zwei Mal pro Woche in einem kommunalen Testzentrum kostenlos testen lassen können.

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