Bundesrechnungshof sieht EU-Wiederaufbaufonds kritisch

Kay Scheller - Bild: Bundesrechnungshof
Kay Scheller - Bild: Bundesrechnungshof

Der Bundesrechnungshof sieht den EU-Wiederaufbaufonds zur Abfederung wirtschaftlicher Folgen der Corona-Krise kritisch. „Die finanziellen Auswirkungen werden bis weit in die nächste Generation zu spüren sein“, erklärte sein Präsident Kay Scheller am Donnerstag in Berlin. Skeptisch äußerte er sich vor allem zu einer faktischen „Vergemeinschaftung von Schulden und Haftung“.

Für den Wiederaufbaufonds im Volumen von 750 Milliarden Euro soll die EU Schulden aufnehmen. Das Geld wird dann über Zuschüsse und Darlehen den Mitgliedsstaaten zur Verfügung gestellt. 

In diesem Zusammenhang laufen derzeit in Deutschland die parlamentarischen Beratungen über das „Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz“, in dem es neben dem EU-Haushalt für die Zeit bis 2027 auch um den Wiederaufbaufonds und dessen Finanzierung geht.

„Der EU-Wiederaufbaufonds organisiert schuldenfinanzierte Transfers zwischen den Mitgliedstaaten“, erklärte dazu Scheller anlässlich der Zuleitung eines Sonderberichts an Bundestag und Bundesrat zu den möglichen Auswirkungen der gemeinschaftlichen Kreditaufnahme der EU auf den Bundeshaushalt. 

Der Fonds „etabliert zudem eine Haftung, bei der die Mitgliedstaaten gegenseitig für Verbindlichkeiten einstehen“, hob der Rechnungshof-Präsident weiter hervor. Die finanziellen Auswirkungen würden „bis weit in die nächste Generation zu spüren sein.“

Scheller wies darauf hin, dass die für den Fonds aufgenommenen Schulden innerhalb von 30 Jahren getilgt werden sollen. „Offen ist aber, wer wann welchen Beitrag leistet“, warnte er. Daraus könne eine Zerreißprobe für die Union entstehen. 

Auch fänden die EU-Fiskalregeln auf diese Schulden keine Anwendung. „So eröffnet die Konstruktion einen Weg, die Fiskalregeln zu umgehen. Dies verringert den Anreiz zur eigenverantwortlichen Vorsorge und schwächt die Haushaltsdisziplin“, kritisierte Scheller.

Der Rechnungshof empfiehlt in seinem Bericht unter anderem, bereits jetzt einen verbindlichen Tilgungsplan festzulegen. Nach jetzigem Stand äußerte Scheller die Erwartung, dass Deutschland in Verbindung mit dem Fonds etwa 65 Milliarden Euro mehr zahlen werde, als das Land selbst Zuschüsse bekommt. 

Er warnte auch vor einer möglichen „Verstetigung der Verschuldung“ beziehungsweise einer Verzögerung des Tilgungsbeginns. Um Nachteile bei der Haushaltsdisziplin zu vermeiden, sollten zudem die Schulden des Wiederaufbaufonds anteilig auf die Schuldenstände der Mitgliedstaaten angerechnet werden.

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