Chiles Präsident Sebastián Piñera hat wegen stark steigender Corona-Infektionszahlen eine Verschiebung der Wahl zur verfassunggebenden Versammlung vorgeschlagen. Im Interesse der Gesundheit aller Chilenen plädiere er dafür, die für den 10. und 11. April geplante Wahl auf Mitte Mai zu verschieben, sagte Piñera am Sonntag. Der Kongress muss diesem Schritt zustimmen. Die meisten Parteien hatten sich zuvor für eine Verschiebung der Wahl ausgesprochen.
Bei der Wahl, die nun am 15. und 16. Mai stattfinden könnte, sollen die 155 Mitglieder der verfassunggebenden Versammlung gewählt werden. In einem historischen Referendum hatten im Oktober mehr als drei Viertel der Wahlberechtigten in Chile für eine neue Verfassung gestimmt.
Die Abschaffung der bisherigen Verfassung, die noch aus der Zeit der Militärherrschaft unter Augusto Pinochet (1973-90) stammt, zählte zu den zentralen Forderungen bei den Massenprotesten seit Oktober 2019 in Chile. Zahlreiche chilenische Bürgerbewegungen und politische Parteien der Linken und der Mitte sehen in ihr ein Hindernis für tiefgreifende Änderungen, und eine Ursache der eklatanten wirtschaftlichen Ungleichheit in dem südamerikanischen Land.
Ausgelöst wurden die Proteste durch eine Erhöhung der Fahrscheinpreise. Bei Zusammenstößen mit der Polizei wurden 30 Menschen getötet und tausende verletzt. Unter dem massiven Druck der Straße stimmte Chiles Präsident Sebastián Piñera schließlich dem Referendum zu.
Trotz einer sehr erfolgreichen Impfkampagne sind die Corona-Neuinfektionen in Chile zuletzt wieder stark angestiegen. Grund ist die als deutlich ansteckender geltende Virusvariante, die sich in Lateinamerika ausbreitet. Seit Samstag gilt in Chile ein neuer strikter Lockdown.
Von den 16 Millionen Einwohnern haben mehr als sechs Millionen bereits mindestens eine Impfdosis erhalten. „Unser Ziel ist es, bis zum 15. Mai Millionen Menschen zu impfen, damit wir sicherere Wahlen haben“, sagte Piñera.