Bund und Länder wollen die Hausärzte in die Corona-Impfungen einbeziehen, doch die Details sind noch offen. Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern berieten am Mittwoch über eine Empfehlung, die endgültige Entscheidung soll aber erst in einer Spitzenrunde von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Länderregierungschefs fallen. Die Regierung warnte vor zu hohen Erwartungen an die Einbeziehung der Praxen. Ärztevertreter mahnten mehr Entscheidungsfreiheit bei den Impfungen an.
Die zusätzliche Runde solle „zeitnah“ noch vor der für 22. März geplanten Ministerpräsidentenkonferenz stattfinden, sagte Seibert. Hintergrund ist nach seinen Angaben die ungelöste Frage der künftigen Aufteilung des Impfstoffs zwischen den öffentlichen Impfzentren und den Hausarztpraxen.
Seibert mahnte mit Blick auf den anstehenden Impfstart in Arztpraxen zur Geduld. „Je nachdem, wann der Übergang erfolgt, kann er am Anfang mit kleinen Mengen für die Arztpraxen verbunden sein“, sagte Seibert. „Das muss allen klar sein.“
Im April werde die Zahl der wöchentlich zur Verfügung stehenden Dosen aber von drei Millionen auf „fast fünf Millionen“ aufwachsen: „Im April nimmt die Impfkampagne weiter deutlich an Fahrt auf“, sagte Seibert.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte dazu im ZDF-„Morgenmagazin“, die Menge der Dosen werde aber „nicht gleich auf zehn Millionen in einer Woche wachsen“.
Spahn will nach Regierungsangaben am Mittwoch die neue Impfverordnung mit mehreren deutlichen Änderungen unterzeichnen – die anvisierte Regelung zum Impfen in Hausarztpraxen ist darin aber noch nicht enthalten.
Die von Spahn geplanten Änderungen an der Impfverordnung sehen den Angaben zufolge vor, dass der zeitliche Abstand zwischen erster und zweiter Impfung ausgedehnt werden kann. Zudem soll der Impfstoff von Astrazeneca nun auch für Menschen über 65 Jahre zugelassen werden.
Die neue Impfverordnung soll es zudem ermöglichen, in besonders von der Pandemie betroffenen Regionen etwa in Grenznähe die Bevölkerung breitflächig zu impfen – ungeachtet der sonst geltenden Priorisierungsvorgaben.
Damit billigt Spahn auch das Vorhaben Sachsens, im Vogtland mit seinen hohen Infektionsraten demnächst mit der Impfung aller Menschen ab 18 zu beginnen. „Grundsätzlich ist es noch wichtig, die Priorität einzuhalten“, sagte Spahn zugleich im ZDF-„Morgenmagazin“.
Nach Überzeugung von Ärztepräsident Klaus Reinhardt sollen die Ärzte künftig selbst über die Impfreihenfolge ihrer Patienten entscheiden dürfen, sobald ausreichend Impfstoff für alle vorhanden sei. „Sie wissen am besten, welche ihrer Patienten besonders gefährdet sind“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ vom Mittwoch.
Kritisch zur Impfreihenfolge äußerte sich der Chef des Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt. „Drei Millionen Dosen liegen ungenutzt in den Impfzentren herum“, sagte er der „Bild“-Zeitung vom Mittwoch. „Und dennoch wird starr an der Impfreihenfolge festgehalten, unabhängig davon, ob die Menschen ihre Termine verstreichen lassen oder nicht.“
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz befürchtet, dass durch Veränderungen bei der Reihenfolge der Corona-Impfungen die besonders gefährdeten Gruppen ins Hintertreffen geraten. Die ethisch festgesetzte Impfreihenfolge sei „nur noch eine Farce“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der Nachrichtenagentur AFP. „Länder, Städte und Gemeinden machen, was sie wollen.“