Weichenstellung in der Metall- und Elektroindustrie: Nach zähen Tarifverhandlungen haben Gewerkschaft und Arbeitgeber in Nordrhein-Westfalen am Dienstag einen Abschluss erzielt. Er sieht eine Corona-Prämie in Höhe von 500 Euro sowie eine jährliche Einmalzahlung vor. Die Laufzeit des Tarifvertrags beträgt 21 Monate. Die IG Metall empfahl den übrigen Tarifgebieten, den Pilotabschluss zu übernehmen. Bundesweit geht es um mehr als 3,8 Millionen Beschäftigte der Branche.
Gewerkschaft und Arbeitgeber in NRW einigten sich „nach zehnstündigem Verhandlungsmarathon“ in der siebten Runde, wie die IG Metall in Frankfurt mitteilte. Die Lohnerhöhung besteht aus der Corona-Prämie und einem Entgeltzuwachs von 2,3 Prozent. Er wird als „Transformationsbeitrag“ jährlich einmal ausbezahlt: im Februar 2022 in Höhe von 18,4 Prozent eines Monatsentgelts, ab 2023 dann in Höhe von 27,6 Prozent eines Monatseinkommens. Das Geld können die Betriebe auszahlen oder zum Lohnausgleich bei Arbeitszeitabsenkung, etwa der Einführung einer Vier-Tage-Woche, verwenden.
„Dieser Tarifabschluss bietet tragfähige Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit: auf die akuten Probleme infolge der Coronapandemie ebenso wie auf die strukturellen Herausforderungen, die die Transformation für unsere Branchen mit sich bringt,“ erklärte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann. Inmitten einer der schwersten Krisen in der Geschichte der Bundesrepublik habe die Gewerkschaft erreicht, „dass die Krisenfolgen fair verteilt und nicht einseitig bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern abgeladen werden“.
Der Präsident des Verbandes der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen, Arndt Kirchhoff, bezeichnete den Tarif-Kompromiss als „ein von Fairness, Vernunft und Weitsicht geprägtes Ergebnis in einer außergewöhnlich schwierigen Wirtschaftslage“. Es sei gelungen, der enorm heterogenen wirtschaftlichen Situation Rechnung zu tragen.
„Ganz wichtig“ für die Unternehmen sei, dass sie wie schon im Jahr 2020 auch im Jahr 2021 keine Erhöhung der Tabellenentgelte verkraften müssten, erklärte Kirchhoff. Die neue jährliche Sonderzahlung sei für die Unternehmen „schmerzhaft und nur schwer verdaulich“, aber mit Blick auf verbesserte konjunkturelle Aussichten für 2022 „gerade noch vertretbar“.
Die Gewerkschaft und der Arbeitgeberverband Gesamtmetall empfahlen die Übernahme des Pilotabschlusses von Nordrhein-Westfalen auch für die übrigen Tarifgebiete. Die Erklärungsfrist dafür endet am 30. April. IG-Metall-Chef Hofmann forderte die regionalen Arbeitgeberverbände zu einer schnellen Übernahme und der Lösung „offener regionaler Fragen“ auf. Das betreffe etwa die Angleichung der Stundenentgelte in den ostdeutschen Tarifgebieten.
Die IG Metall Baden-Württemberg und der Arbeitgeberverband Südwestmetall verständigten sich darauf, ihre eigenen Gespräche noch am Dienstag fortzusetzen. Dabei werde es auch um eine mögliche Übernahme der „pilotfähigen Elemente“ des Abschlusses aus Nordrhein-Westfalen gehen, kündigte Südwestmetall an.
Die Metall-Arbeitgeber in Bayern begrüßten die Einigung in NRW, der Abschluss werde den „extrem schwierigen Zeiten durch Rezession, Strukturwandel und Corona-Pandemie gerecht“. Die Verhandlung für die bayerische Metall- und Elektro-Industrie sollen demnach in der Woche nach den Osterferien stattfinden.
Auch für die Beschäftigten der Branche in Berlin, Brandenburg und Sachsen würden nun mit den Arbeitgeberverbänden Termine für Verhandlungen gesucht, kündigte die dortige IG Metall an. Jedoch bleibe trotz des Pilotabschlusses in NRW die „regionale Frage im Bezirk“ zu klären – nämlich die schrittweise Angleichung der Arbeitsbedingungen.
Die IG Metall Küste begrüßte den Pilotabschluss ebenfalls. Verhandlungen zur Übernahme mit dem Arbeitgeberverband Nordmetall soll es „voraussichtlich nach Ostern“ geben.