Einzelhandel pocht vor Corona-Gipfel auf Wiedereröffnungen ab Montag

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Vor dem Corona-Gipfel von Bund und Ländern pocht der Einzelhandel auf eine Öffnung ab kommendem Montag. Angesichts der bedrohten Existenz vieler Händler und des geringen Infektionsrisikos sei unverständlich, warum der Handel im Lockdown bleiben solle, erklärte der Handelsverband Deutschland (HDE) am Mittwoch. Im Gastgewerbe herrschte derweil „blankes Entsetzen“ über den Entwurf eines ersehnten Öffnungsplans, weil dieser den Tourismus vorerst ausschließt.

Eine erneute Verschiebung der Wiedereröffnung des Einzelhandels werde „verheerende Folgen“ für viele tausend Einzelhändler und ihre Beschäftigten haben, warnte der HDE. „Dass die ursprünglich für den 10. Februar und dann für den 3. März fest zugesagte, sichere und gerechte Öffnungsstrategie“ bislang immer noch nicht vorliege, sei „enttäuschend“, schrieben HDE-Präsident Josef Sanktjohanser und Hauptgeschäftsführer Stefan Genth nach Angaben des Verbandes unter anderem an Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU).

Die im neuen Entwurf von Bund und Ländern vorgesehenen Möglichkeiten für den Einkauf mit Terminvereinbarung, auch „Click and Meet“ genannt, sind aus HDE-Sicht „kein deutlicher Schritt hin zu der lange überfälligen Öffnungsstrategie“. Für die allermeisten Geschäfte seien dabei die Personal- und Betriebskosten höher als die Umsätze.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Länderchefs wollten ab Mittwochnachmittag über die weiteren Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie beraten. Grundsätzlich soll der Lockdown den Plänen zufolge bis zum 28. März verlängert werden. Laut dem gemeinsamen Entwurf für die Videoschaltkonferenz, der AFP am Mittwoch vorlag, sollen ab kommender Woche aber bundesweit wieder Gartenmärkte, Buchhändler und alle „körpernahen Dienstleistungsbetriebe“ mit entsprechenden Hygienekonzepten und begrenzter Kundenzahl öffnen dürfen.

Darüber hinaus sieht die Strategie mehrere weitere Öffnungsschritte vor, die an das Infektionsgeschehen in den Ländern gekoppelt werden sollen. Demnach können diese den Händlern bei einer „stabilen“ 7-Tage-Inzidenz von unter 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern landesweit oder auch nur regional den Einkauf mit vorheriger Terminvereinbarung ermöglichen. Bei einem Inzidenzwert von unter 35 soll der Einzelhandel mit Kundenbegrenzung wieder regulär geöffnet werden dürfen.

Sofern die Inzidenz auch nach den entsprechenden Öffnungen in dem betroffenen Land oder der Region noch 14 Tage lang stabil unter dem jeweiligen Grenzwert liegt, sollen auch die Außengastronomie sowie Kultureinrichtungen wie Kinos und Theater unter bestimmten Auflagen wieder öffnen dürfen. Über die „Perspektive für die hier noch nicht benannten Bereiche aus den Branchen Gastronomie, Kultur, Veranstaltungen, Reisen und Hotels“ soll indes erst beim nächsten Bund-Länder-Gipfel am 22. März „im Lichte der weiteren Infektionsentwicklung“ beraten werden, wie es in dem Papier heißt.

„Es ist nicht nur unbefriedigend, sondern auch inakzeptabel, dass die Politik unserer Branche weiterhin jegliche Perspektiven verweigert“, kritisierte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), Michael Frenzel und zeigte sich „fassungslos“ über die Entscheidung, „sich erst Ende März überhaupt mit dem Thema Tourismus beschäftigen zu wollen, schlimmstenfalls auch dann völlig unverbindlich“. Frenzel forderte, statt der bisherigen „politischen Schockstarre“ brauche es endlich pragmatische Lösungen, um Gesundheitsschutz und Reisen „unter einen Hut“ zu bringen.

„Bei uns herrscht blankes Entsetzen“, sagte derweil die Hauptgeschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ingrid Hartges, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Mittwoch. Die Pläne der Bundesregierung führten dazu, dass den Betrieben nach dem Weihnachts- und Silvestergeschäft nun auch das Ostergeschäft entgehe. „Auch wir wollen keine dritte Welle, aber wir wollen eine echte Perspektive“, sagte Hartges. „Viele Betriebe stehen vor der Zerstörung ihres Lebenswerks.“

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