Der Corona-Impfstoff des Herstellers Astrazeneca hat einen weiteren Rückschlag erlitten: Einen Tag, nachdem mehrere europäische Staaten den Einsatz des Impfstoffs nach Fällen von Blutgerinnseln gestoppt hatten, wies die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) auf schwere allergische Reaktionen als mögliche Nebenwirkung des Vakzins hin.
Anaphylaxie sowie Überempfindlichkeitsreaktionen sollten in die Liste der möglichen Nebenwirkungen des Vakzins aufgenommen worden, erklärte die EMA am Freitag. Es gebe Berichte über 41 mögliche Anaphylaxie-Fälle unter fünf Millionen Impflingen in Großbritannien, erklärte die Behörde mit Sitz in Amsterdam. Nach einer sorgfältigen Auswertung der Daten halte das für die Impfstoff-Risikobewertung zuständige Komitee einen Zusammenhang zwischen der allergischen Reaktion und der Impfung mindestens in einigen dieser Fälle für wahrscheinlich.
Gleichzeitig wies die EMA darauf hin, dass schwere allergische Reaktionen auch bei Impfungen gegen andere Krankheiten eine bekannte seltene Nebenwirkung sind. Der Astrazeneca-Beipackzettel empfiehlt bereits jetzt, dass Patienten nach einer Impfung noch mindestens 15 Minuten unter Beobachtung bleiben sollten, um auf mögliche allergische Reaktionen reagieren zu können.
Am Donnerstag hatte die dänische Gesundheitsbehörde über „schwere Fälle“ von Blutgerinnseln bei mit dem Astrazeneca-Vakzin Geimpften berichtet. Dabei sei allerdings noch nicht abschließend geklärt, ob es einen Zusammenhang zwischen den Impfungen und den Gerinnungsstörungen gibt. Nach Angaben der dänischen Gesundheitsbehörden starb ein Mensch nach der Impfung.
Dänemark, Norwegen und Island stoppten daraufhin die Impfungen mit dem Vakzin des britisch-schwedischen Herstellers vorerst. Am Freitag folgte Bulgarien. Ministerpräsident Boiko Borissow ordnete nach seinen Worten einen Stopp der Impfungen mit dem Astrazeneca-Vakzin an, bis die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) „alle Zweifel an dessen Sicherheit ausräumt“.
Thailand verschob seinerseits den für den selben Tag geplanten Impfstart mit dem Astrazeneca-Impfstoff. „Die Impfungen für Thailänder müssen sicher sein, wir brauchen nichts zu überstürzen“, sagte ein Experte der thailändischen Impfkommission. Eigentlich hätte Regierungschef Prayut Chan-O-Cha am Freitag vor laufenden Kameras die erste Astrazeneca-Impfung des Landes erhalten sollen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht derweil keinen Grund zur Aussetzung der Impfungen mit dem Astrazeneca-Vakzin. Bislang sei in keinem Fall ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem Todesfall und der Impfung nachgewiesen worden, sagte eine Sprecherin am Freitag. „Astrazeneca ist ein hervorragender Impfstoff, genau wie die anderen eingesetzten Vakzine“, sagte WHO-Sprecherin Margaret Harris. Nichts spreche dagegen, ihn weiterhin einzusetzen.
Bereits am Donnerstag hatte sich die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hinter den Impfstoff von Astrazeneca gestellt. „Die Vorteile des Impfstoffs überwiegen die Risiken“, betonte die Behörde in einer Erklärung. Es gebe „derzeit keine Hinweise“ darauf, dass der Astrazeneca-Impfstoff Ursache für die bekannt gewordenen Blutgerinnsel gewesen sei. Auch das in Deutschland für Impfstoffe zuständige Paul-Ehrlich-Institut hält am Einsatz des Astrazeneca-Impfstoffs fest.
Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, betonte, dass gerade durch die priorisierte Impfung von alten und sehr alten Menschen immer wieder ernste Erkrankungen und auch Todesfälle in nahem zeitlichen Zusammenhang zur Impfung vorkämen. Es gebe bisher jedoch keinen Hinweis, „dass diese Geschehnisse statistisch auffällig wären“.