Führende SPD-Politikerinnen und -Politiker haben nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz den Anspruch ihrer Partei auf die Regierungsführung im Bund erhoben. „Es kommt jetzt darauf an, dass wir mit Olaf Scholz gemeinsam einen guten Wahlsieg erringen“, sagte Parteichefin Saskia Esken am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. Das heiße, dass die SPD „eine Regierungsbildung in die Hand nehmen“ und Olaf Scholz „zum Kanzler machen“ könne.
Esken verwies dabei auf den Wahlsieg der SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz am Sonntag. „Man hat jetzt tatsächlich gesehen, dass handelnde Personen, verantwortungsvoll regierende Personen groß zählen in den Wahlen in diesen Krisenzeiten“, sagte sie. Deswegen sei es „natürlich auch ein Pfund“, mit Bundesfinanzminister und Vizekanzler Scholz einen Kanzlerkandidaten zu haben, „der jetzt gerade in der Bundesregierung zeigt, dass er sowohl in Krisenzeiten als auch in sozusagen Friedenszeiten gut und verantwortungsvoll regieren kann.“
Auch Ko-Parteichef Norbert Walter-Borjans sieht Scholz als Stabilitätsanker in turbulenten Zeiten. Mit Blick auf das Ende der Amtszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte er den Sendern RTL und ntv: „Der Wunsch der Menschen, dann Stabilität zu haben, um auf der einen Seite Regierungserfahrung, aber auch einen optimistischen Blick in die Zukunft, dass man etwas ändern kann und ändern muss, das auch mit sozialer Verantwortung verbindet, da ist Olaf Scholz jemand, der als Person in der Welt steht, von der man weiß, dem können wir vertrauen.“
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte dem Bayerischen Rundfunk mit Blick auf die Wahlergebnisse vom Sonntag, auch für die Bundesebene sei nun klar, dass es Mehrheiten jenseits der Union gebe. „Die Ampel ist möglich, und dafür kämpfen wir jetzt“, sprach er sich für ein Bündnis seiner Partei mit Grünen und FDP aus. Dabei trete Scholz dafür an, „um mit der SPD am Ende vorn zu liegen“, hob auch Klingbeil hervor. Das Regierungsbündnis mit der Union sei für die Sozialdemokraten „lediglich ein Zweckbündnis“ gewesen.
Mehr Offenheit in der Koalitionsfrage signalisierte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Kevin Kühnert. „Auf Bundesebene sehen wir, dass beide Dreier-Optionen, eine Ampel wie auch Rot-Rot-Grün, nicht im Bereich des Unmöglichen liegen“, sagte er dem SWR. Auf jeden Fall gebe es für die Sozialdemokraten nun „einen gewissen Rückenwind“.
In bundesweiten Umfragen lag die SPD zuletzt bei rund 16 Prozent – deutlich hinter CDU/CSU und Grünen. Zur Frage, ob sie den Eintritt der SPD in eine von den Grünen geführte Ampelkoalition ausschließe, sagte Esken: „Wir schließen hier gar nichts aus.“ Die SPD wolle bis zur Wahl gemeinsam mit der Union „verantwortungsvoll“ regieren, sagte Esken weiter. Gleichzeitig solle deutlich gemacht werden: „Eine Regierungsbildung ohne Union ist möglich und sie ist auch ziemlich sinnvoll.“