Die EU-Grenzschutzbehörde Frontex rechnet nach der Corona-Pandemie mit einer deutlichen Zunahme der Flüchtlingszahlen in Europa. „Ich bin mir sicher, dass nach Corona wieder mehr Flüchtlinge versuchen werden, nach Europa zu kommen“, sagte Frontex-Chef Fabrice Leggeri den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND/Dienstagsausgaben). Der Rückgang der Migrantenzahlen an den EU-Außengrenzen liege vor allem an den Corona-Auflagen. „Schon im Sommer 2020, als die Corona-Reisebeschränkungen wieder gelockert wurden, kamen mehr Migranten nach Europa“, sagte Leggeri.
Die Pandemie habe die Fluchtursachen in den letzten Monaten noch verschärft, betonte der Frontex-Chef. „Auch aus wirtschaftlichen Gründen wird die Zahl der Migranten wieder zunehmen“. In afrikanischen Ländern sei die Wirtschaft wegen der Pandemie mindestens genauso, „wenn nicht stärker unter Druck als in der EU“. Die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten müssten sich deshalb bald auf eine Reform der europäischen Migrationspolitik einigen, sagte Leggeri.
Die EU-Staaten streiten seit dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 über die Asylreform. Die EU-Kommission hatte im September einen neuen Vorschlag unterbreitet. Er sieht beschleunigte Asylverfahren direkt an den Außengrenzen und schnellere Abschiebungen vor.
Osteuropäische Länder wie Ungarn lehnen die Pläne jedoch ab, weil sie weiter Quoten für die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU enthalten. Hauptankunftsländer für Migranten im Süden der Union wie Italien und Griechenland kritisieren ihrerseits, dass keine gerechte Lastenteilung vorgesehen ist.