Hoffnung auf klärende EMA-Entscheidung zum Corona-Impfstoff von Astrazeneca

Impfung - Bild: StudioRomantic via Twenty20
Impfung - Bild: StudioRomantic via Twenty20

Nach der Aussetzung der Impfungen mit dem Corona-Impfstoff von Astrazeneca hoffen Deutschland und andere EU-Länder auf eine klärende Entscheidung der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA). Vor der EMA-Sondersitzung am Donnerstagnachmittag wurden Appelle laut, alle EU-Länder müssten sich an die Empfehlungen der EU-Behörde halten. Sie hoffe, dass „alle Mitgliedsstaaten mitziehen“, sagte die Ko-Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, Ska Keller, im RBB.

„Wir haben ein großes Problem, wenn dieses Vakzin nicht genutzt werden kann“, sagte Keller im RBB-Inforadio. „Natürlich muss es aber auch sicher sein.“

Nach Berichten über das Auftreten schwerer Blutgerinnsel bei einigen Geimpften hatten Deutschland und mehr als ein Dutzend weitere europäische Staaten die Impfungen mit dem Vakzin des britisch-schwedischen Herstellers vorerst gestoppt. Hierzulande wurden die Impfungen am Montag ausgesetzt, wodurch die Planungen für die Immunisierungskampagne durcheinandergebracht wurden.

Die EMA hielt zunächst an ihrer positiven Risikobewertung des Mittels fest. Für einen Zusammenhang zwischen der Astrazeneca-Impfung und dem Auftreten von Blutgerinnseln gebe es keine Belege, erklärte sie und hob den Nutzen des Vakzins bei der Eindämmung der Pandemie hervor. Für Donnerstag setzte die EMA eine Sondersitzung an, um eine überarbeitete Empfehlung abzugeben. 

Dabei gebe es eine „Reihe an Optionen“, hatte EMA-Chefin Emer Cooke vorab gesagt. Sie reichen von der Aussetzung der Zulassung über Einschränkungen für bestimmte Gruppen bis hin zur Aufrechterhaltung der vollständigen Zulassung für alle Erwachsene.

Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Frank Bergmann, sagte der „Rheinischen Post“, geprüft werde ein Zusammenhang zwischen der Einnahme von Verhütungsmitteln, Rauchen und Impfen.Womöglich hätten sich „hier Risiken potenziert“. Dann könne es möglicherweise eine Zulassung mit Einschränkungen geben – „etwa nur für bestimmte Altersgruppen oder beispielsweise ohne gleichzeitige Nutzung der Pille“.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte am Mittwoch erklärt, sie prüfe weiterhin die Sicherheit des Vakzins, empfehle aber vorläufig die Fortsetzung der Impfungen. Der Nutzen des Astrazeneca-Impfstoffs überwiege die Risiken, hieß es.

Der grüne Europapolitiker Sven Giegold warf der Bundesregierung vor, mit ihrem Impfstopp „vorgeprescht“ zu sein und die „Impfverwirrung“ in Europa anzuheizen. „Deutschlands Entscheidung hat einen Dominoeffekt befördert“ und das Vertrauen in den Astrazeneca-Impfstoff „stark beschädigt“, sagte der Grüne der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Wegen einer sehr geringen Fallzahl von Nebenwirkungen gerate derzeit die komplette europäische Impfkampagne ins Stocken.

In der EU ist der Astrazeneca-Impfstoff seit Ende Januar für Menschen ab 18 Jahren zugelassen. Es war der dritte Corona-Impfstoff, der eine EU-weite Zulassung erhielt. Er ist günstiger und leichter lagerbar als die beiden zuvor zugelassenen Vakzine von Biontech/Pfizer und Moderna und spielt in den Impfplänen vieler Länder eine entsprechend große Rolle.

Der britische Premierminister Boris Johnson stellte sich erneut hinter das Astrazeneca-Vakzin. Er werde „sicherlich“ mit diesem Impfstoff immunisiert, sagte er am Mittwoch vor dem Parlament in London. In Großbritannien wurden bereits rund elf Millionen Astrazeneca-Dosen verimpft.

Der Astrazeneca-Impfstoff war in der EU in den vergangenen Wochen immer wieder auch wegen Lieferverzögerungen in der Kritik. Am Donnerstag kündigte ein Sprecher der EU-Kommission ungeachtet der noch ausstehenden EMA-Entscheidung an, den im Vertrag mit Astrazeneca vorgesehenen Streitbeilegungsmechanismus zu aktivieren. Das entsprechende Schreiben sei „in Vorbereitung“. Die Kommission spreche sich nun mit den Mitgliedstaaten ab, um es „rasch“ an das Unternehmen zu versenden, sagte der Sprecher.

Der EU-Liefervertrag mit Astrazeneca sieht für Streitfälle zunächst eine „informelle“ Streitbeilegung vor, bevor rechtliche Schritte unternommen werden. Demnach sollen die Verantwortlichen der beiden Vertragspartner sich innerhalb von 20 Tagen nach Aktivierung der Streitbeilegung zusammensetzen, um „die Streitigkeit durch Verhandlungen in gutem Glauben beizulegen“.

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