Im Interview: Tichanowskaja fordert mehr internationalen Druck auf Lukaschenko

Swetlana Tichanowskaja - Bild: Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons
Swetlana Tichanowskaja - Bild: Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja hofft auf mehr Unterstützung durch die Vereinten Nationen, um den umstrittenen Machthaber Alexander Lukaschenko an den Verhandlungstisch zu zwingen. „Wir sind überzeugt, dass dieses Regime irgendwann fallen wird, weil der Druck darauf genauso von innen wie von außen kommt“, sagte die im litauischen Exil lebende Tichanowskaja der Nachrichtenagentur AFP während eines Besuchs in Genf. 

Sie hoffe auf die Verabschiedung einer Resolution zu Belarus durch den derzeit tagenden UN-Menschenrechtsrat in Genf und dass das Gremium aus 47 Staaten ihrem Land aus der „Unterdrückung“ hilft, sagte die Oppositionsführerin. Irgendwann werde die Regierung in Minsk es „nicht mehr vermeiden können, Verhandlungen zu beginnen, um aus dieser riesigen Krise herauszukommen“. Tichanowskaja forderte: „Der Druck muss erhöht werden.“

Die Oppositionsführerin, die sich wegen einer vom Internationalen Filmfestival und Menschenrechtsforum (FIFDH) organisierten Debatte in Genf aufhält, will dort auch mit zwei unabhängigen UN-Experten über die Lage in ihrem Land sprechen. Ihr Wunsch sei es, dass in der Resolution der Sonderberichterstatter für Belarus erwähnt werde, „so dass er Zugang zu Gefängnissen und zu Gefangenen hat, und selbst die absolut beklagenswerten Zustände an diesen Orten sieht“, sagte Tichanowskaja.

Sie erhoffe sich von der Resolution auch die Einrichtung einer Expertengruppe zur Untersuchung der Menschenrechtslage in Belarus, weil „wir sehr gut sehen, dass direkte Verhandlungen zwischen der belarussischen Gesellschaft und dem Regime nicht möglich sind“. 

Möglicherweise könnten die Behörden in ihrem Land überzeugt werden, mit Hilfe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eine „Dialogplattform“ zu schaffen. „Diese Verhandlungen, diese Diskussionen sollten so offen und transparent wie möglich sein und Nachbarländer sowie andere demokratische Länder einbeziehen“, sagte Tichanowskaja mit Verweis auf Russland, das die Regierung von Lukaschenko unterstützt.

Nach der Präsidentschaftswahl im August waren in Belarus zehntausende Oppositionsanhänger gegen den seit 1994 autoritär regierenden Staatschef Alexander Lukaschenko auf die Straße gegangen. Die Opposition wirft ihm massiven Wahlbetrug vor. Die belarussischen Sicherheitskräfte gingen hart gegen die Demonstranten vor. Tausende wurden festgenommen und Berichten zufolge teils schwer misshandelt. 

In dem Interview räumte Tichanowskaja erneut ein, dass die Massenproteste vorerst gescheitert seien. Die Menschen gingen zwar weiter auf die Straßen, aber in kleineren Gruppen, verstreut über die Stadt, „weil das Ausmaß der Gewalt und Repression so groß ist, dass Menschen nach Wegen des Protests suchen, die weniger die Gefahr einer Festnahme und Haft mit sich bringen“, erklärte sie.

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