Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ein deutlich härteres Vorgehen in der Corona-Pandemie gefordert und den jüngsten Bund-Länder-Gipfel als „Zäsur“ bezeichnet. So könne es nicht weitergehen, sagte Merkel am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“. Merkel forderte die Länder zu entschiedenem Handeln auf, brachte aber auch Initiativen des Bundes ins Spiel. Sie lehnte Öffnungsschritte momentan klar ab und bezeichnete stattdessen Ausgangsbeschränkungen als „wichtiges Mittel“ bei hohen Infektionszahlen.
„Wir müssen mit großer Ernsthaftigkeit die geeigneten Maßnahmen einsetzen“, sagte Merkel. Sie würde den Satz wiederholen, den sie vor einem Jahr an die Bürgerinnen und Bürger gerichtet habe: „Es ist ernst, bitte nehmen Sie es ernst.“ Der Instrumentenkasten sei durch die Beschlüsse von Bund und Ländern da. Doch die Umsetzung sei nicht so, dass sie überzeugt sei, dass die dritte Corona-Welle gebrochen werde.
Die Länder müssten jetzt nachlegen, sonst müsse sie etwa über ein Vorgehen durch das Infektionsschutzgesetz nachdenken. Der Bund sei verpflichtet, das Infektionsgeschehen einzudämmen. Merkel betonte zugleich, Bund und Länder müssten immer miteinander handeln. Sie verwies darauf, dass dies über die Ministerpräsidentenkonferenz, aber auch über Bundestag und Bundesrat geschehen könne.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich für eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes aus, um mehr Kompetenzen zur Pandemie-Bekämpfung auf den Bund zu übertragen. So könnten dann die Bundesländer auch zu klaren Regeln gezwungen werden, sagte Söder am Sonntagabend in den ARD-„Tagesthemen“. „Wir brauchen jetzt weniger Flickenteppich, als vielmehr eine entschlossene Entscheidung“, betonte der CSU-Politiker. Er sei „für konsequente und klare Maßnahmen anstatt für ein ständiges Hin und Her“.
Die Kanzlerin forderte in dem Gespräch mit Moderatorin Anne Will harte Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Sie bezeichnete dabei Ausgangsbeschränkungen als ein „ganz wichtiges Mittel“, dies gelte gerade in den Abendstunden. Sie brachte zudem neue Kontaktbeschränkungen ins Spiel, „um das exponentielle Wachstum zu stoppen“.
Merkel appellierte auch, die Vorgaben zur Arbeit im Homeoffice besser umzusetzen. Diese Verpflichtung sei zu „lasch“ geworden. Wer zur Arbeit gehe, müsse zweimal die Woche getestet werden. Schulen könnten bei hohen Infektionszahlen nur geöffnet werden, wenn zweimal die Woche getestet werde.
Durch die von Bund und Ländern beschlossene „Notbremse“ gibt es nach Ansicht Merkels Handlungsmöglichkeiten. Diese werde aber leider nicht überall eingehalten. Sogenannten Modellversuchen zur Öffnung von Bereichen des gesellschaftlichen Lebens trotz hoher Corona-Inzidenzzahlen erteilte Merkel eine Absage. Sie glaube nicht, „dass das ein Weg ist, der uns zum Brechen der dritten Welle führt“, sagte die Kanzlerin.
Im Saarland etwa, das entsprechende Pläne für die Zeit nach Ostern angekündigt hat, sei angesichts steigender Infektionszahlen dafür „die Grundlage nicht gegeben“. Dies sei eine „sehr gewagte Ankündigung“ von Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) gewesen, über welche sie „nicht so glücklich“ gewesen sei.
Die Kanzlerin sieht momentan allerdings keine Notwendigkeit für einen raschen Corona-Gipfel mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder. „Wir brauchen keine Ministerpräsidentenkonferenz, sondern brauchen Handeln in den Ländern.“ Es seien noch „nicht alle so illusionsfrei, dass dieses Virus nicht mit sich verhandeln lässt“. Es sei noch zu viel Hoffnung im Spiel.
Bund und Länder hatten in der Nacht zum Dienstag zunächst einen Oster-Lockdown vereinbart. Dieser Beschluss mit zusätzlichen Ruhetagen am Gründonnerstag und Ostersamstag wurde kurz darauf wieder zurückgenommen. Merkel erklärte dazu am Mittwoch, dies sei „einzig und allein“ ihr Fehler gewesen – und sie bitte die Bürger um „Verzeihung“. Sie habe dies getan, weil sie für Verunsicherung gesorgt habe, sagte Merkel in der ARD. Mit einem „Angebot der Ruhe“ sei das Land „im Grunde in Unruhe“ versetzt worden.