Österreich und weitere Staaten fordern Gipfelberatungen zu Impfstoffverteilung

Symbolbild: Europäische Union
Symbolbild: Europäische Union

In der Debatte um die Corona-Impfstoffversorgung steigt der Druck auf die EU-Kommission: Nach erneuten Lieferkürzungen des Impfstoffherstellers Astrazeneca gibt es nun Kritik an der Impfstoffverteilung innerhalb der EU. Wegen ihrer Meinung nach „riesiger Ungleichheiten“ bei der Impfstoffverteilung forderten Österreich und vier weitere Länder am Samstag Gipfelberatungen der Staats- und Regierungschefs. 

In einem Brief an die EU-Spitzen kritisierten die Regierungen Österreichs, Tschechiens, Sloweniens, Bulgarien und Lettlands, dass die „Lieferung von Impfstoffen durch Pharmaunternehmen an einzelne EU-Mitgliedstaaten nicht auf gleicher Basis“ erfolge. Im Falle einer andauernden ungleichen Impfstoffverteilung in der EU drohe eine Verschärfung der „Disparitäten zwischen den Mitgliedstaaten bis zum Sommer“, heißt es in dem Schreiben an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel. Einige Mitgliedstaaten würden dadurch in die Lage versetzt, binnen weniger Wochen Herdenimmunität zu erreichen, „während andere weit hinterherhinken“. 

Brüssel müsse deshalb „so bald wie möglich“ ein Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs einberufen, forderten die fünf Staaten. Ein EU-Sprecher betonte mit Blick auf das Schreiben, die „Koordination des Kampfes gegen die Pandemie“ stehe bereits ganz oben auf der Agenda des EU-Gipfeltreffens Ende dieses Monats. 

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte am Freitag eine ungleiche Impfstoffverteilung in der EU angeprangert und von möglichen Nebenabsprachen zwischen einzelnen EU-Mitgliedstaaten und Pharmakonzernen gesprochen. Ein EU-Kommissionssprecher wies die Vorwürfe zurück und erklärte, es sei Sache der Mitgliedstaaten, „mehr oder weniger Impfstoffdosen“ zu verlangen als laut EU-Bevölkerungsschlüssel für sie vorgesehen sei. Dies werde dann in der zuständigen Steuerungsgruppe beraten. 

Auch das österreichische Gesundheitsministerium wandte sich gegen Kurz‘ Anschuldigungen. Die Verhandlungen über die Impfstoffverteilung in der EU seien „ausgewogen und transparent“ verlaufen, sagte die Generalsekretärin des Ministeriums, Ines Stilling, laut dem öffentlich-rechtlichen Sender ORF.

Das britisch-schwedische Pharmaunternehmen Astrazeneca äußerte am Samstag sein Bedauern, die geplanten Impfstofflieferungen in die EU erneut kürzen zu müssen und begründete dies mit Produktionsproblemen und Exportbeschränkungen. Astrazeneca arbeite „unermüdlich“ an einer Beschleunigung der Lieferungen. Bis Mitte des Jahres sollen dem Unternehmen zufolge nur hundert Millionen Impfstoffdosen an die EU ausgeliefert werden.

Wegen Produktionsschwierigkeiten an Standorten in der EU hatte Astrazeneca angekündigt, Corona-Impfstoffe aus Produktionsstandorten außerhalb der EU an die EU-Staaten zu liefern. Aufgrund von Exportbeschränkungen der Nicht-EU-Länder würden diese Lieferungen im ersten Quartal nun aber reduziert, hieß es jetzt. „Wahrscheinlich“ seien auch die geplanten Lieferungen für das zweite Quartal betroffen.

„Trotz der Herausforderungen“ plane das Unternehmen, in der ersten Jahreshälfte 100 Millionen Impfstoffdosen an die EU auszuliefern, darunter 30 Millionen während des ersten Quartals bis Ende März. 

Ursprünglich wollte Astrazeneca im ersten Quartal dreimal so viel Dosen liefern und 180 Millionen allein im zweiten Quartal. Die EU hat bei Astrazeneca bis zu 400 Millionen Dosen seines Corona-Impfstoffs bestellt. 

Bereits zu Jahresbeginn hatte es zwischen Brüssel und dem Unternehmen Streit um das Tempo der Impfstoff-Lieferungen gegeben. Das Unternehmen hatte damals bekanntgegeben, wegen Problemen in einem Werk in Belgien im ersten Quartal deutlich weniger Impfstoff liefern zu können als vorgesehen. Staaten außerhalb der EU wie Großbritannien wurden dagegen offenbar ohne Einschränkungen weiter beliefert.

Die EU-Kommission teilte am Samstag mit, sie habe die neuerlichen Lieferprobleme von Astrazeneca zur Kenntnis genommen. Die Gespräche mit dem Unternehmen dauerten an. „Wir bestehen darauf, dass das Unternehmen alles tut, um seine Verpflichtungen einzuhalten.“

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