Auf dem rheinland-pfälzischen Oppositionsführer Christian Baldauf ruhen große Hoffnungen. Der 53-jährige Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion soll bei der Landtagswahl am Sonntag als Spitzenkandidat endlich das schaffen, was seinen Vorgängern nicht gelang – die Christdemokraten im Stammland von Parteiübervater Helmut Kohl nach mittlerweile 30 Jahren Opposition wieder zur stärksten Kraft zu machen und die Mainzer Staatskanzlei als Regierungschef zurückzuerobern.
Die Sehnsucht der rheinland-pfälzischen CDU danach ist groß. Ein Wahlsieg dürfte die Partei und den als bodenständig geltenden Pfälzer aus Frankenthal zudem auch stärker ins Blickfeld der Bundespartei bringen. Doch die Aufgabe ist schwierig – und Baldauf steht dabei im Schatten zweier prominenter rheinland-pfälzischer Frauen. Da ist zum einen seine Vorgängerin an der CDU-Fraktionsspitze, die derzeitige Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Sie ist im Land weithin bekannt und fiel im Wahlkampf mit markigen Sprüchen auf.
Zum anderen hat es der studierte Jurist, der früher als Anwalt für Arbeitsrecht tätig war und schon zu Schulzeiten in die CDU eintrat, mit der sehr beliebten Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zu tun. In jüngsten Umfragen liefern sich SPD und CDU ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Mehrere Erhebungen sahen einen leichten Vorsprung für die SPD. Die SPD liegt nun bei Werten zwischen 30 und 33 Prozent, die CDU erreichte 28 bis 30 Prozent. Auch im persönlichen Vergleich hatte Dreyer zuletzt eindeutig die Nase vorn. Nur 28 bis 29 Prozent wünschen sich Baldauf als Ministerpräsidenten. Bei Dreyer sind es rund doppelt so viele.
Innerhalb seiner Partei ist Baldauf, der 2001 zum ersten Mal in den Landtag gewählt wurde, dagegen beliebt. Sie hat ihm viel zu verdanken. 2006 übernahm der verheiratete Vater zweier Kinder nach einem Spendenskandal parallel den Vorsitz der CDU-Fraktion im Landtag sowie den Vorsitz der Landespartei, wobei er sich danach maßgeblich an der Aufarbeitung der Affäre beteiligte. Aus beiden Ämtern zog er sich dann 2010 beziehungsweise 2011 wieder zurück, um Platz für die aufstrebende Klöckner zu machen.
Nach Klöckners Wechsel als Agrarministerin nach Berlin übernahm Baldauf von ihr erneut den Vorsitz der CDU-Fraktion im Landtag. Klöckner unterstützte auch seine Kür zum Spitzenkandidaten, den innerparteilichen Auswahlprozess entschied Baldauf problemlos für sich. Bei dem Wahlparteitag Ende 2019 blieb Gegenkandidat Marlon Bröhr, Landrat des Rhein-Hunsrück-Kreises, chancenlos.
Im Wahlkampf arbeitete sich Baldauf in den vergangenen Wochen grundsätzlich an Dreyers Politik ab. Er kritisierte in Interviews ein „Impf- und Bildungschaos“. In Rheinland-Pfalz sei „kein gerader Weg zu sehen“. Zugleich setzte er dabei auf Hilfe von Fachleuten, die er zu sogenannten Praktikerteams zusammenstellte. Dazu zählt neben Landräten, Unternehmern und Lehrerinnen auch der CDU-Innenpolitikexperte Wolfgang Bosbach.
Überlagert wurde der gesamte Wahlkampf von der Coronakrise. Für Baldauf galt das auch ganz persönlich: Im Dezember starb sein Vater an einer Corona-Infektion. „Es ist sehr schmerzlich, im engsten familiären Umfeld selbst zu erleben, wie schnell Corona den Tod bringen kann“, berichtete Baldauf in einem Interview.
Auch die praktischen Folgen der Krise belasteten den Wahlkampf des CDU-Hoffnungsträgers. Dass pandemiebedingt ein Großteil der klassischen Veranstaltungen ausfiel, versetzte seiner Kampagne einen Schlag. Im digitalen Wahlkampf scheint Dreyer die Nase vorn zu haben.
Hinzu kam zuletzt die Maskenaffäre innerhalb der Union im Bundestag. „Rückenwind ist das nicht – eine solche Affäre auf den letzten Metern im Wahlkampf braucht kein Mensch“, sagte Baldauf. Ob der Skandal das Wahlergebnis beeinflussen wird, ist unklar. Nach Angaben des Landeswahlleiters beantragten bereits 44 Prozent aller Wahlberechtigten eine Briefwahl. Bei einer Wahlbeteiligung von 70 Prozent wären das rund zwei Drittel der Stimmen.
Trotz aller Widrigkeiten gibt sich der CDU-Herausforderer siegesgewiss. „Die Ministerpräsidentin ist sympathisch, aber ihre Fassadenpolitik bringt nichts fürs Land“, sagte Baldauf jüngst der „Saarbrücker Zeitung“. Für gute Politik reiche es nicht, nur nett zu sein.