In der Türkei haben tausende Menschen gegen den Austritt des Landes aus dem internationalen Abkommen gegen Gewalt an Frauen demonstriert. In der Metropole Istanbul forderten die Teilnehmer einer Kundgebung am Samstag Staatschef Recep Tayyip Erdogan auf, die Entscheidung zu revidieren und dem Abkommen wieder beizutreten. Die Demonstranten zeigten Plakate mit den Porträts ermordeter Frauen. Kleinere Kundgebungen gab es laut Medienberichten auch Ankara und Izmir.
Der Rückzug aus der sogenannten Instanbuler Konvention wurde durch ein Präsidial-Dekret Erdogans in der Nacht zum Samstag bekanntgegeben; Frauenrechtsgruppen riefen umgehend zu Demonstrationen auf. Erdogan kam mit seiner Entscheidung konservativen und islamistischen Kreisen entgegen. Diese hatten den Austritt mit der Begründung gefordert, die Übereinkunft schade der Einheit der Familie und fördere Scheidungen.
Die Konvention des Europarats ist das weltweit erste verbindliche Abkommen dieser Art. Sie soll Frauen und Mädchen besser vor Gewalt schützen – sei es zu Hause oder anderswo. Als „Gewalt“ gilt dabei laut Abkommen nicht nur physische Gewalt, sondern auch geschlechtsspezifische Diskriminierung, Einschüchterung oder wirtschaftliche Ausbeutung.
Die Übereinkunft wurde am 11. Mai 2011 in Istanbul zur Unterschrift ausgelegt. Sie wurde inzwischen von 45 Staaten und der Europäischen Union (EU) unterzeichnet; Deutschland gehörte zu den ersten Unterzeichnern.