Der UN-Sicherheitsrat befasst sich am Donnerstag erneut mit der humanitären Situation in der nordäthiopischen Konfliktregion Tigray. Wie die Nachrichtenagentur AFP am Dienstag aus Diplomatenkreisen erfuhr, soll die von Irland beantragte Sitzung hinter verschlossenen Türen stattfinden. Ob sich die Ratsmitglieder auf die Verabschiedung einer Resolution oder gemeinsamen Erklärung einigen können, gilt als offen.
Das UN-Gremium hatte sich zuletzt am 2. Februar mit der humanitären Krise in Tigray befasst. Bereits im Vorfeld dieser Sitzung hatten afrikanische Ratsmitglieder jedoch die Verabschiedung einer gemeinsamen Erklärung abgelehnt, in der ein verbesserter Zugang humanitärer Helfer zu der Region hätte gefordert werden sollen. Aus Sicht vieler afrikanischer Staaten handelt es sich beim Tigray-Konflikt um eine interne äthiopische Angelegenheit.
Der Konflikt in Tigray hatte Anfang November begonnen, als der äthiopische Regierungschef Abiy Ahmed einen Militäreinsatz gegen die in Tigray regierende Volksbefreiungsfront TPLF startete. Vorausgegangen waren Vorwürfe, die TPLF habe Stellungen der äthiopischen Armee angegriffen.
Tigray mit seinen geschätzten sechs Millionen Einwohnern ist seit der Regierungsoffensive praktisch vom Rest der Welt abgeschnitten. Finnlands Außenminister Pekka Haavisto, der im Februar im Auftrag der EU in Äthiopien gewesen war, bezeichnete die militärische, menschenrechtliche und humanitäre Situation in dem Krisengebiet kürzlich als „völlig außer Kontrolle“. Er warnte davor, dass fehlender Zugang für Hilfsorganisationen viele Menschen als Flüchtlinge nach Europa treiben könnte.
Die Vereinten Nationen hatten nach eigenen Angaben zuletzt mehrere Vereinbarungen mit den äthiopischen Behörden erzielt, durch die UN-Vertretern prinzipiell Zugang zum gesamten Land gewährt werden soll. UN-Sprecher Stéphane Dujarric sagte am Dienstag, Genehmigungen der äthiopischen Behörden für sogenannte Bedarfsanalyse-Missionen der UNO stünden noch aus. Hunderttausende Menschen, die von den Kämpfen in Tigray betroffen seien, seien bislang nicht erreicht worden, „vor allem in den ländlichen Gebieten von Tigray“, sagte Dujarric weiter.
Seit Beginn des Jahres fordern Nichtregierungsorganisationen eine öffentliche UN-Sicherheitsratssitzung zur Lage in Tigray sowie eine Resolution, in der ein Ende der Behinderung der Arbeit humanitärer Hilfsorganisationen in dem Krisengebiet gefordert werden soll. Der Forderung von NGOs, eine Untersuchung zu mutmaßlichen Kriegsverbrechen in Tigray zu eröffnen, schlossen sich am Dienstag die USA, Estland, Frankreich, Norwegen und Großbritannien an.