In der Affäre um Geldzahlungen an Abgeordnete der Unionsfraktion im Zusammenhang mit Verträgen über Corona-Schutzmasken hat nun auch der Mannheimer CDU-Abgeordnete Nikolaus Löbel Konsequenzen gezogen. Löbel gab seinen Sitz im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages auf, nachdem der „Spiegel“ am Freitag über Provisionszahlungen in Höhe von 250.000 Euro berichtet hatte. Die Spitze der Unionsfraktion bemühte sich um Schadensbegrenzung und warnte ihre Abgeordneten vor Geschäftemacherei mit Corona-Masken.
Nachdem am Freitag zunächst der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein, der im Zusammenhang mit dem Ankauf von Corona-Schutzmasken unter Korruptionsverdacht steht, seinen Rückzug aus der Politik angekündigt hatte, erklärte Löbel am Abend seinen Rückzug aus dem Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, wie die „Stuttgarter Zeitung“ berichtete. Der Politiker hatte zuvor die Zahlung von Provisionen von rund 250.000 Euro für die Vermittlung von Kaufverträgen über Masken an seine Firma, die Projektmanagement-GmbH, eingeräumt. Löbel bezeichnete die Summen als „nach dem Marktüblichen bemessene Vergütung“.
Wie der „Spiegel“ am Samstag berichtete, rief die Spitzenkandidatin der CDU Baden-Württemberg, Susanne Eisenmann, Löbel dazu auf, seine Kandidatur für den nächsten Bundestag so schnell wie möglich zurückzuziehen. Es sei „inakzeptabel, wenn sich Parlamentarier in dieser schweren Krise mit der Maskenbeschaffung bereichern“, sagte Eisenmann dem Nachrichtenmagazin.
Geld für die Vermittlung von Schutzmasken zu erhalten, sei für Bundestagsabgeordnete nicht per se unzulässig, erklärte der Staatsrechtler Markus Ogorek von der Universität Köln. Dies gelte aber nur, „solange das Verhalten nicht auf die Förderung der eigenen, persönlichen Interessen abzielt“. Der Rechtsexperte geht davon aus, dass Löbels Verhalten als Verstoß gegen die Verhaltensregeln für Mitglieder des Bundestages anzusehen sei.
Zu Löbels Geschäftspartnern gehörte unter anderem die Seniorenheim-Kette Avendi, die der Zeitung „Mannheimer Morgen“ zufolge etwa 100.000 Masken für 60.000 Euro kaufte. Löbels Provision habe laut einem Unternehmenssprecher 25 Prozent betragen. Der Zeitung zufolge erwartet die CDU Nordbaden von Löbel, die eingenommenen Gelder für die Maskenvermittlung an eine gemeinnützige Einrichtung zu spenden.
Die Spitze der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bemühte sich um Schadensbegrenzung. „Ein Tätigwerden im Rahmen des Mandats darf nicht mit persönlichen finanziellen Interessen verbunden werden“, schrieben Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am Freitag in einem Brief an ihre Fraktionskollegen. Der Bezug von Geldleistungen „für die Vermittlung von medizinischer Schutzausrüstung im Rahmen der Pandemiebekämpfung von Abgeordneten stößt auf unser vollkommenes Unverständnis und wird von uns entschieden verurteilt“.
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak schrieb auf Twitter: „Ich empfinde es als zutiefst unanständig, dass sich Parlamentarier mit der Masken-Beschaffung in der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg bereichert haben.“ Die Bürger und auch die Mitglieder der CDU hätten dafür „kein Verständnis“.
CSU-Generalsekretär Markus Blume reagierte mit scharfer Kritik auf die Maskengeschäfte. „Es ist empörend, wenn Abgeordnete die Not zum Geschäft machen“, sagte Blume dem „Münchner Merkur“. „Dies widerspricht den Werten der CSU fundamental.“ Er erwarte eine lückenlose Aufklärung.
SPD-Ko-Parteichef Norbert Walter-Borjans sagte der Nachrichtenseite ntv.de, jeder Anschein von Vetternwirtschaft sei „Gift für das so notwendige Vertrauen der großen Mehrheit in die politische Führung“. Deshalb müssten die Ungereimtheiten bei der Maskenbeschaffung „restlos“ aufgeklärt werden.
Linksfraktionschef Dietmar Bartsch nahm in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben) Unionsfaktionschef Brinkhaus in die Pflicht. Dieser müsse „umgehend reinen Tisch machen und erklären, wie viele Mitglieder seiner Fraktion sich in der Krise eine goldene Nase verdient haben oder dies versucht haben“, forderte Bartsch.
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel kritisierte, „jeder neue Masken-Skandal“ sei „ein weiterer Schlag für die Glaubwürdigkeit der Corona-Politik“ der Bundesregierung.