US-Repräsentantenhaus sagt Sitzung wegen möglicher Angriffspläne ab

US-Capitol/Kongress - Bild: buschap/CC BY-NC 2.0
US-Capitol/Kongress - Bild: buschap/CC BY-NC 2.0

Wegen eines befürchteten neuen Angriffs auf das Kapitol in Washington hat das US-Repräsentantenhaus eine für Donnerstag geplante Sitzung abgesagt. Zwei wichtige Abstimmungen zu Polizei- und Wahlrechtsreformen, die eigentlich am Donnerstag stattfinden sollten, wurden nach Warnungen der Kapitolspolizei auf Mittwochabend vorgezogen. Die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Kapitol wurden verschärft. Der Senat wollte aber ungeachtet der Warnungen am Donnerstag im Kapitol tagen.

Am 6. Januar waren rechtsradikale Anhänger des damaligen US-Präsidenten Donald Trump ins Kapitol eingedrungen, als dort der Sieg seines Nachfolgers Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl endgültig bestätigt werden sollte. Der Angriff mit fünf Toten hatte die USA schwer erschüttert und weltweit für Entsetzen gesorgt. Nun warnte die Kapitolspolizei vor einem neuen Angriff einer Miliz.

„Wir haben Geheimdiensterkenntnisse erhalten, die mögliche Pläne einer identifizierten Miliz für ein Eindringen in das Kapitol am Donnerstag, den 4. März, zeigen“, erklärte die Kapitolspolizei am Mittwoch. „Wir nehmen diese Geheimdiensterkenntnisse ernst.“

Den Abgeordneten des Repräsentantenhauses wurde daraufhin mitgeteilt, dass die beiden für Donnerstag geplanten letzten Abstimmungen der Sitzungswoche auf Mittwochabend vorverlegt worden seien. Im Senat wurden Senatoren und Mitarbeiter per E-Mail über die verschärften Sicherheitsvorkehrungen informiert. Der Senat hielt aber an einer Sitzung am Donnerstagmittag (18.00 Uhr MEZ) fest, bei der über das billionenschwere Corona-Hilfspaket von Präsident Biden beraten werden sollte.

Angst vor neuer Gewalt am 4. März gibt es schon seit Wochen. Anhänger der rechtsextremen Verschwörungsbewegung QAnon gehen davon aus, dass Trump an diesem Tag wieder an die Macht kommt und für eine zweite Amtszeit vereidigt wird. Bis 1933 hatten die US-Präsidenten am 4. März ihren Amtseid abgelegt. Der Termin der Amtseinführung wurde dann auf den 20. Januar gelegt.

Unklar blieb bis zuletzt, wie konkret die Bedrohungslage am Donnerstag tatsächlich war. Für die Sicherheitsbehörden ist es schwer einzuschätzen, wie ernst Ankündigungen von Extremisten auf Online-Plattformen und in Chatgruppen zu nehmen sind. Angesichts des Behördenversagens bei dem Angriff am 6. Januar ist die Sorge groß, bei Einschätzungen falsch zu liegen.

Medienberichten zufolge hatte der Sicherheitschef des Repräsentantenhauses, Timothy Blodgett, am Montag in einem Memo erklärt, bislang gebe es keine Hinweise darauf, dass Gruppen am 4. März nach Washington reisen wollten, „um zu protestieren oder Gewalttaten zu verüben“. Die US-Bundespolizei FBI und das Heimatschutzministerium warnten am Dienstagabend aber in einem gemeinsamen Hinweis vor möglichen Unruhen vom 4. bis 6. März, wie eine Ministeriumsvertreterin am Mittwoch in einer Kongressanhörung sagte.

Das Kapitol war nach dem Angriff vom 6. Januar und in Vorbereitung auf Bidens Amtseinführung am 20. Januar massiv abgesichert worden. Der Parlamentskomplex wurde weiträumig mit einem hohen Zaun abgesperrt, tausende Nationalgardisten wurden entsandt. An der Attacke waren Mitglieder mehrerer rechtsextremer Gruppierungen wie der Proud Boys und der Oath Keepers sowie viele QAnon-Anhänger beteiligt gewesen.

Vergangene Woche warnte die amtierende Chefin der Kapitolspolizei, Yogananda Pittman, bei einer Kongressanhörung davor, die Sicherheitsvorkehrungen zurückzufahren. Extremisten hätten den Wunsch, „das Kapitol in die Luft zu sprengen und so viele Parlamentarier wie möglich zu töten“. Als möglicher Anlass für einen Angriff wurde Bidens erste Rede zur Lage der Nation genannt. Ein Termin dafür steht noch nicht fest.

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