Verbraucherschützer fordern Abschaffung von Vorkasse bei Flug und Reise

Reisen in Corona-Zeiten - Bild: jopanuwatd via Twenty20
Reisen in Corona-Zeiten - Bild: jopanuwatd via Twenty20

Verbraucherschützer fordern von der Bundesregierung, die Vorkasse bei Flügen und Reisen abzuschaffen. Die Vorkasse-Praxis sei „wirtschaftlich äußerst bedenklich“, erklärte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) am Dienstag: Mit den Geldern der Kunden, die heute buchen, würden die Reisen oder Flüge für diejenigen bezahlt, die schon vor Monaten gebucht und ebenfalls bezahlt haben. „Fairerweise sollte ein Flug erst bei Flugantritt bezahlt werden müssen“, eine Reise erst bei Reiseantritt, erklärte vzbv-Vorstand Klaus Müller.

Die Corona-Pandemie fördere die schon lange vorhandenen, strukturellen Probleme der Reise- und Flugbranche sehr deutlich zu Tage, erklärte der vzbv. In einem Positionspapier verwiesen die Verbraucherschützer darauf, dass ein Großteil der Airlines und Pauschalreiseveranstalter 2020 ihre Liquidität lediglich dadurch habe aufrechterhalten können, „indem sie ihre Kunden zwangsweise als Kreditgeber genutzt und Kundengelder gesetzeswidrig Wochen oder gar Monate später zurückgezahlt haben“. 

„Das Prinzip der Vorkasse gleicht einem Strohfeuer, das stets genährt werden muss, um nicht sofort zu verlöschen“, kritisierte Müller. Üblich sind 20 bis 40 Prozent des Gesamtpreises bei Buchung. 

Der vzbv legte neben dem Positionspapier auch ein Gutachten von Wirtschaftsexperten der Hochschule Luzern zur Neuregelung der Vorkasse-Praxis vor, wonach die wirtschaftlichen Herausforderungen eines Systemwechsels weg von der gängigen Vorkasse-Praxis für die betroffenen Anbieter zwar zum Teil groß wären – „aber durchaus zu meistern“. Sie müssten dann für ihre dann notwendigen Vorleistungen Eigen- oder Fremdkapital aufnehmen. Das sei in den meisten Branchen durchaus üblich, es entstünden zusätzliche Kapitalkosten. 

Laut Studie würden diese Kosten nicht mehr als 3,3 Prozent des deutschen Flugreisemarktvolumens und nicht mehr als 1,1 Prozent des deutschen Pauschalreisemarktes ausmachen. Selbst bei einer vollständigen Überwälzung der Kosten auf Reisende erhöhten sich die Preise für Flugbuchungen daher um nicht mehr als 3,3 Prozent, erläuterte der vzbv. Die Preise für Pauschalreisen stiegen um nicht mehr als 1,1 Prozent an.

„Einer Umsetzung unserer Forderung weg von der Vorkasse hin zur Bezahlung bei Check-In steht nichts im Wege“, erklärte vzbv-Chef Müller. „Um endlich ausgewogene und interessensgerechte Regelungen zu schaffen, muss die Bundesregierung jetzt tätig werden.“ Die Abschaffung der extensiven Vorkasse-Praxis gehöre auch in den Koalitionsvertrag nach der Bundestagswahl.

Anzeige



Anzeige

Avatar-Foto
Über Redaktion des Nürnberger Blatt 44853 Artikel
Hier schreiben und kuratieren die Redakteure der Redaktion des Nürnberger Blatt