EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Astrazeneca mit einem Exportverbot für Impfstoffe gedroht, sollte der Pharmakonzern nicht zuerst seine vertraglichen Lieferpflichten gegenüber der EU erfüllen. „Wir haben die Möglichkeit, einen geplanten Export zu verbieten“, sagte von der Leyen den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Wochenende. „Das ist die Botschaft an Astrazeneca: Du erfüllst erst deinen Vertrag gegenüber Europa, bevor du beginnst, in andere Länder zu liefern.“
Die Kommissionspräsidentin warf dem Unternehmen vor, im ersten Quartal nur 30 Prozent der vereinbarten Menge an die EU geliefert zu haben. Im Vertrag sei zudem klar geregelt, dass die EU Impfstoff aus Fabriken in der EU und in Großbritannien erhalte. „Von den Briten haben wir aber nichts bekommen, während wir ihnen Impfstoff liefern“, beklagte von der Leyen. Sie sprach von einem „förmlichen Mahnschreiben“, das die Kommission in dieser Sache an Astrazeneca geschickt habe.
Es gebe eine Reihe offener Punkte mit Blick auf den Vertrag, die jetzt geklärt werden müssten. Die Kommissionspräsidentin beklagte zudem in scharfem Ton ein insgesamt massives Ungleichgewicht zwischen den Lieferungen von europäischen Pharmafabriken an die EU einerseits und den Export in Drittländer andererseits.
„Wir brauchen dringend eine bessere Balance zwischen den Lieferungen an die Europäer und den Exporten: Jeder Tag und jede Woche zählt, an dem wir in Europa das Virus schneller stoppen und unsere Wirtschaft wieder öffnen können“, sagte sie. „Es geht um das Leben der Menschen, um ihre Existenz, ihre Gesundheit und auch darum, wie unsere Volkswirtschaft aus der Pandemie herausstartet.“
Die Hersteller in Europa hätten seit Anfang Februar mindestens 41 Millionen Impfdosen in 33 Länder exportiert, sagte von der Leyen. Sie fügte hinzu: „Ich kann europäischen Bürgern nicht erklären, warum wir Millionen Impfstoffdosen in Länder exportieren, die selbst Impfstoff produzieren – und von denen nichts zurück kommt. Und ich kann schwer Exporte erklären in Länder, die eine viel höhere Impfrate und deutlich weniger Infektionen haben als die EU.“
Europa sei in der Welt eine der Regionen, die am meisten exportierten, sagte die Kommissionspräsidentin. „Wir sind offen, aber das muss verhältnismäßig sein und auf Gegenseitigkeit beruhen.“ Die EU lade nun zu Gesprächen ein. „Was wir dagegen unternehmen können, werden die Regierungschefs im Rat diskutieren“, sagte sie. „Den Unternehmen sagen wir: Je besser sie ihren Vertrag erfüllen und je schneller sie liefern, desto eher können wir Ausfuhren in alle Welt akzeptieren.“