Im vergangenen Jahr sind Regenwälder mit einer Gesamtfläche von der Größe der Niederlanden vernichtet worden. Ein Großteil der zerstörten 4,2 Millionen Hektar tropischen Primärwaldes entfalle auf Brasilien, legte die Online-Plattform Global Forest Watch am Mittwoch in einem Bericht dar. Die Zerstörung des tropischen Regenwaldes beschleunigte sich trotz der globalen Wirtschaftsflaute wegen der Corona-Pandemie.
Die Zerstörung 2020 nahm dem Bericht zufolge um zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. Mit Abstand am größten war demnach das Ausmaß der Zerstörung von tropischem Regenwald in Brasilien. Dort wurden demnach 1,7 Millionen Hektar solcher Waldgebiete durch Feuer oder Abholzung vernichtet – eine Zunahme um 25 Prozent im Vergleich zu 2019.
An zweiter Stelle in dieser Negativbilanz folgt die Demokratische Republik Kongo. Die dort vernichtete Fläche tropischen Primärwaldes war der Untersuchung zufolge etwa ein Drittel so groß wie in Brasilien.
Die Studie basiert auf Satellitendaten. Laut Global Forest Watch wird die Zerstörung der Tropenwälder nach wie vor hauptsächlich von der Landwirtschaft verursacht. Zudem lösten demnach im vergangenen Jahr extreme Hitze und Dürre zahlreiche riesige Brände aus, die zur Vernichtung großer Waldflächen in Brasilien, Australien und Sibirien führten.
In Indonesien hingegen ging die Zerstörung der Regenwälder um 17 Prozent zurück. Damit gehörte der südostasiatische Inselstaat zum ersten Mal seit 20 Jahren nicht zu den weltweit drei schlimmsten Regenwald-Zerstörern.
Die Expertin Frances Seymour vom World Resources Institute (WRI) bezeichnete das Ausmaß der Zerstörung der Regenwälder als „Klima-Notstand“. Die Plattform Global Forest Watch wird vom WRI betrieben.
Die tropischen Regenwälder sind für die Stabilität des Erdklimas von entscheidender Bedeutung. Die Bäume können Kohlendioxid aufnehmen und speichern. Wenn sie jedoch abbrennen, absterben oder abgeholzt werden, gelangt das Treibhausgas wieder in die Atmosphäre.
Laut WRI wurden im vergangenen Jahr durch die Vernichtung dieser Wälder 2,64 Milliarden Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre freigesetzt – das entspricht den Emissionen von 570 Millionen Autos.
Davon abgesehen sind die Regenwälder auch für den Artenschutz entscheidend. Abgesehen von den verheerenden Folgen für das Klima sei die Zerstörung der Regenwälder daher auch „eine Biodiversitätskrise, eine humanitäre Katastrophe und ein Verlust wirtschaftlicher Möglichkeiten“, warnte Seymour.
In Brasilien hat die Vernichtung des Amazonaswaldes unter dem rechtsradikalen Präsidenten Jair Bolsonaro drastisch zugenommen. Bolsonaro hat die Finanzmittel für Umweltschutzprogramme gekürzt und die Öffnung von Schutzgebieten für Landwirtschaft und Bergbau vorangetrieben. Es sei „herzzerreißend“ zu sehen, wie sich die Zerstörung des Regenwaldes in Brasilien wieder beschleunigt habe, sagte Seymour.
Neben dem Amazonasgebiet wurde in Brasilien im vergangenen Jahr auch das Sumpfgebiet Pantanal von gigantischen Bränden heimgesucht. Etwa ein Drittel des Pantanal wurde durch die Flammen zerstört.
Wie im Amazonas wurden die gewaltigen Zerstörungen in dem sich bis nach Paraguay und Bolivien erstreckenden Pantanal teilweise durch Rodungen verursacht. Dass ein Sumpfgebiet brenne, zeige aber auch die Folgen von zunehmenden Dürren im Zuge der Erderwärmung, hob Seymour hervor.
„Je länger wir warten, die Waldzerstörung zu stoppen und andere Bereiche auf den Weg zur Emissionsfreiheit zu bringen, desto wahrscheinlicher ist es, dass unsere natürlichen CO2-Speicher in Rauch aufgehen“, sagte Seymour. Umweltschützern zufolge ist der weltweite Fleischkonsum ein wesentlicher Faktor für die Zerstörung von Regenwäldern. Laut einer am Montag im Fachblatt „Nature Ecology & Evolution“ veröffentlichten Studie trägt auch die steigende Nachfrage in reichen Ländern nach Kaffee und Sojabohnen zum Waldsterben bei.